Arbeitgeber-Boss Vogt: «Jetzt sind die Chefs gefordert»
Das Wichtigste in Kürze
- Ende der Homeoffice- und Maskenpflicht: Für Valentin Vogt ein Freudentag
- Der Arbeitgeberpräsident sieht nun die Chefs in der Pflicht, und das sei gut so.
- Gefordert seien sie beim Umgang mit rückkehrenden Mitarbeitern und der Unternehmenskultur.
Seit Donnerstag ist nicht alles, aber vieles anders für Arbeitnehmer und Arbeitgeber. Zum ersten Mal seit bald zwei Jahren gibt es weder Homeoffice-Empfehlung noch Maskenpflicht. Es ist wieder wie früher, aber halt doch nicht ganz: Die Unternehmen müssen jetzt das «New Normal» managen können.
Nau.ch hat mit dem Präsidenten des Arbeitgeberverbands, Valentin Vogt, darüber geredet, wie sich der 17. Februar 2022 aus Unternehmer-Sicht anfühlt. Sie heissen Mitarbeiter willkommen, die lange im Homeoffice waren, einiges erlebt haben und ganz individuelle Haltungen zum Maskentragen entwickelten.
Nau.ch: Herr Vogt, der Bundesrat gibt den Unternehmen praktisch alle Freiheiten zurück. In anderen Ländern nennt man dies auch den «Freedom Day». Ist jetzt auf einen Schlag alles wieder wie zuvor?
Valentin Vogt: Es ist eher ein Freudentag, für mich als Unternehmer und als Person. Ich habe den 16. März 2020 miterlebt, ein Gänsehaut-Moment, mit Respekt vor den grossen Herausforderungen für mich. Jetzt ist es eine Herausforderung im positiven Sinn.
Der Staat hat in den letzten 23 Monaten vorgegeben, was zu tun ist, jetzt können wir wieder selbst entscheiden. Und das ist gut so.
Maske oder nicht – es ist nun an den Unternehmen selbst, wie sie die Situation handhaben wollen. Die einen Unternehmen werden ihre Leute noch im Homeoffice belassen, andere werden die Mitarbeiter ab Montag ins Büro zurückholen. Dazu braucht es jetzt nicht den Staat, sondern ein gutes Fingerspitzengefühl und gesunden Menschenverstand.
Die Pandemie hat einiges verändert, auch in der Gesellschaft. Früher hat man Menschen, wie zum Beispiel die asiatischen Touristen mit Masken, eher belächelt. Ab jetzt wird auch in der Schweiz das Alltagsbild durch Leute, die Masken tragen, geprägt sein. Leute werden sich etwa im Winter besser schützen wollen.
Nau.ch: Was kann man für Mitarbeiter tun, die sich noch nicht so recht ins Büro getrauen? Mitarbeiter, die aus gesundheitlichen Gründen auch jetzt noch lieber eine Maske anhätten, aber vielleicht nicht als Einzige herausstechen wollen.
Valentin Vogt: Das wird Teil der Zukunft sein: Dass man die Akzeptanz auch hat, wenn Leute eine Maske tragen. Das braucht Fingerspitzengefühl seitens der Chefs. Ich bin überzeugt, die Unternehmungen, zusammen mit den Arbeitnehmervertretungen, werden das gut umsetzen.
Vielen Unternehmungen werden auch in Zukunft vorsehen, dass Homeoffice möglich sein wird. Ich sehe das nicht als Problem, sondern als Chance und habe grosses Vertrauen, dass die Arbeitgeber die neue Situation mit Augenmass umsetzen werden.
Nau.ch: Begrüssungsrituale, Online-Sitzungen, offene Fenster oder räumliche Trennung: Wie findet man zurück zu einem «normalen» Büroalltag, nachdem sich viele Routine-Abläufe jetzt anders eingespielt haben?
Valentin Vogt: Ich glaube, ein grosser Teil des Büroalltags wird zurückkommen, aber Elemente, wie vermehrte virtuelle Sitzungen oder weniger Geschäftsreisen werden sicher bleiben. Selbst Begrüssungen – das Fäustchen wird vermutlich nicht verschwinden. Jeder muss auf seine Art mit der neuen Situation umgehen. Das ist vielleicht die grösste Herausforderung: In den letzten zwei Jahren hat das der Staat zu einem grossen Teil vorgegeben.
Nau.ch: Wie sollen die Chefs oder die Personalabteilungen mit unterschwelligen Problemen umgehen? Vielleicht gibt es da noch unausgesprochenen Ärger über den Staat, den Chef oder andersdenkende Mitarbeiter. Einige werden traumatische verarbeiten müssen, andere scheinen einfach «irgendwie nicht mehr derselbe wie vorhin» zu sein…
Valentin Vogt: Es ist jetzt auch eine Chance, aufeinander zuzugehen und miteinander zu reden. Jetzt hat man wieder die Möglichkeit, zusammenzusitzen oder auch gemeinsam etwas zu trinken.
Diese Freiheiten soll man positiv nutzen: Probleme nicht schwelen lassen oder aussitzen, sondern ansprechen und auf die Mitarbeitenden zugehen. Das war in der Vergangenheit das Rezept, das gilt auch jetzt.
Die Schweizer Bevölkerung hat während der Pandemie grosse Disziplin bewiesen, und sich an die Regeln gehalten. Natürlich werden einige Dinge anders sein, als vor der Pandemie. Angefangen bei der Hygiene: Vermehrtes Händewaschen wird bleiben, so wird es die Grippe in Zukunft schwerer haben. Auch so betrachtet, ein Freudentag.