Alain Berset bemängelt Zusammenarbeit mit Ärztevereinigung
Alain Berset kontert die Kritik der Ärztevereinigung an seine Gesundheitstarifpolitik. Die FMH verbreite «falsche Aussagen», um seine Vorschläge abzuwürgen.
Das Wichtigste in Kürze
- Alain Berset hat sich im Interview zur Kritik der Ärztevereinigung geäussert.
- Die FMH betreibe konfrontative Politik, um Vorschläge zur Kostensenkung zu versenken.
- Zudem funktioniere die Tarifpartnerschaft aufgrund der Polarisierung nicht mehr richtig.
Die Schweizer Ärzteschaft läuft derzeit Sturm gegen Vorschläge, Kostenziele einzuführen. Sie befürchtet Rationierungen im Gesundheitswesen und warnte vor wartenden Krebspatienten aufgrund der Bundesratspläne. Gesundheitsminister Alain Berset konterte in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung» diese Kritik.
«Man erhebt massive Vorwürfe, die völlig haltlos sind, um seine eigenen Interessen durchzusetzen», sagte Berset. Der Bundesrat wolle und plane keine Rationierungen.
Die Beziehung zur Ärztevereinigung FMH sei zwar nicht schlecht, «aber früher war die Zusammenarbeit besser». Er treffe viele Ärztinnen und Ärzte, die sich von der Kommunikation der FMH distanzierten.
Zudem schade sich die FMH auf Dauer selbst, wenn sie immer nur auf Abwehr ausgerichtet sei: Die hohen Krankenkassenprämien seien eine der grössten Sorgen der Schweizer Bevölkerung. Wenn keine sinnvollen Reformen gelängen, stiegen die Kosten immer weiter. Bis das System irgendwann kollabiere und die Politik radikale Massnahmen ergreife, sagt der SP-Bundesrat.
Rechtfertigung soll Bewusstsein für Kosten stärken
Der Plan des Bundesrats sei folgender: Transparenz schaffen. Ärzte, Spitäler, Krankenkassen, Kantone und der Bund sollten sich einigen und im Voraus öffentlich bekannt geben, mit welchem Kostenwachstum sie rechneten. Falle es höher aus, sollten sie sich erklären.
«Wir sprechen hier von einem 40-Milliarden-Markt, den wir alle zwangsweise über Kopfprämien und Steuern finanzieren», so Alain Berset. Da sei es nicht zu viel verlangt, dass die Verantwortlichen regelmässig zusammen sässen und sich Gedanken machten: «In jedem anderen Bereich ist das gang und gäbe.»
Berset sieht auch Probleme bei der aktuellen Tarifpartnerschaft, die vorsieht, dass Krankenkassen, Ärztinnen und Ärzte sowie Spitäler die Vergütungen selber aushandeln. Die Partnerschaft funktioniere nicht mehr richtig, weil immer mehr Akteure mitredeten, die teilweise völlig unterschiedliche Interessen verträten. «Es gibt fast niemanden mehr, der sich für das grosse Ganze verantwortlich fühlt, jeder schaut nur für sich.»
Der Bundesrat dürfe und wolle nur dann eingreifen, wenn die Tarifpartner keine Lösung fänden. Zum Wachstum der Krankenkassenprämien wagt Berset keine Prognose, aber die Tendenz nach oben stimme leider. Nach zwei Jahren Pandemie sei ein besorgniserregender Kostenanstieg zu beobachten, der sich auf die Prämien auswirken werde.
Alain Berset äusserte sich auch zu Rücktrittgerüchten. Auf die Frage, ob er sich noch vor Ende der Legislatur verabschieden werde, antwortete er: «Nein, wieso sollte ich?»