Krankenkassen: So will die Politik die Prämien in den Griff kriegen
Die Prämien der Krankenkassen dürften in diesem Jahr wieder stark ansteigen. Die Politik will diesen Trend endlich durchbrechen – jede Partei mit eigenen Ideen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Anstieg der Krankenkassen-Prämien beschäftigt die Politik seit Jahren.
- SP und Mitte haben dazu je eine eigene Initiative lanciert.
- FDP-Dobler dazu: «Einfach jemand anders zahlen lassen, löst das Problem nicht.»
In den letzten 25 Jahren mussten die Schweizer jährlich einen Anstieg der Krankenkassen-Prämien von rund 3,7 Prozent hinnehmen. Die Gesundheitskosten sind derart hoch, dass das Thema regelmässig auf dem Podest des Sorgenbarometers landet.
Nach den letzten zwei Ausnahmejahren – 2022 sind die Prämien sogar leicht gesunken – droht nun der nächste Prämienschock. Gemäss Comparis-Krankenkassenexperte Felix Schneuwly könnten viele Versicherte 2023 mit Prämienerhöhungen von über zehn Prozent konfrontiert werden. Im Schnitt rechnet er mit einem Anstieg der Grundversicherungsprämien von 5,7 Prozent.
Die Politik ringt bereits seit Jahren nach Lösungen, um die Gesundheitskosten zu senken und die Krankenkassen zu entlasten.
SP setzt auf Prämienentlastungs- und Kostenbremse-Initiative
«Der SP macht es grosse Sorgen, dass für 2023 ein wuchtiger Prämienschock droht», sagt SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer auf Anfrage. «Neben den explodierenden Prämien der Krankenkassen belasten steigende Mieten und Nebenkosten das Portemonnaie von vielen Familien und Einzelpersonen.»
Deshalb setze die SP auf die Prämienentlastung-Initiative: «Diese zielt darauf ab, die Haushalte von steigenden Krankenkassenprämien zu entlasten und auf maximal 10 Prozent des Einkommens zu begrenzen. So kann die Belastung verringert werden und die Kaufkraft gestärkt.»
Doch damit allein sei es nicht getan, denn der Prämienanstieg sei eine direkte Folge steigender Kosten. «Deshalb braucht es gezielte Kostendämpfungsmassnahmen. Aus diesem Grund unterstützt die SP den Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative der Mitte», so Meyer.
Ruth Humbel (Mitte): «Die Verschwendung in unserem System ist gross»
«Die Kostenbremse-Initiative braucht es, um bei allen Leistungserbringern die Sensibilität für die Kostenentwicklung und insbesondere für das Vermeiden unnötiger Kosten zu wecken und zu fördern», erklärt Mitte-Nationalrätin Ruth Humbel.
Die Verschwendung in unserem System sei gross. Eine Studie im Auftrag der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften habe allein wegen mangelnder Koordination vermeidbare Kosten von 3 Milliarden Franken festgestellt.
«Ausserdem muss die Digitalisierung im Gesundheitswesen endlich tatkräftig durchgesetzt werden, mit einem elektronischen Patientendossier, das sowohl für Versicherte wie für alle Leistungserbringer obligatorisch ist», so Humbel.
Kantone sollen Krankenkassen bei ambulanten Leistungen entlasten
Humbel sieht noch weiteren Handlungsbedarf: «Die einheitliche Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen (EFAS) ruht noch in der Kommission und muss endlich zu einem Abschluss gebracht werden.»
Gesundheitseinrichtungen sollen so viele Eingriffe wie möglich ambulant statt stationär durchzuführen, da diese viel günstiger sind. Doch aktuell werden ambulante Eingriffe vollumfänglich von den Krankenkassen (und somit den Prämienzahlern) bezahlt, bei stationären übernimmt der Kanton 45 Prozent der Kosten. Unter dem Strich steigen also die Prämien trotz tieferer Ausgaben – ein Problem, das «EFAS» beheben soll.
Jörg Mäder (GLP): «Corona ist sicher nicht gratis»
«Leider bin ich nicht überrascht», kommentiert GLP-Nationalrat Jörg Mäder die Prognose von Comparis. «Corona ist sicher nicht gratis.» Wie die Mitte fordert auch Mäder die Einführung von EFAS und Investitionen in die Digitalisierung, um mittelfristig die Kosten zu senken.
Mäder stossen ausserdem die Finanztätigkeiten der Krankenkassen mit ihren Reserven sauer auf: «Das Gesundheitssystem sollte sich aus den Prämien und staatlichen Beiträgen finanzieren und nicht über Renditen an den Kapitalmärkten, die man durch zu hohe Reserven erwirtschaften kann, oder eben auch nicht kann. Eine Krankenkasse ist keine Investitionsbank.»
FDP sieht Ursache bei den steigenden Kosten und Mengenausweitung
«Der Reserveabbau hat einen Effekt auf den Prämienanstieg, ist aber nicht die Ursache für die generelle Zunahme der Gesundheitskosten», sagt hingegen Marcel Dobler. Der FDP-Nationalrat sieht die Ursache bei den steigenden Kosten und der Mengenausweitung.
«Jüngstes gutes Beispiel vom Preisüberwacher sind die mehrfach höheren Preise für Laboranalysen in der Schweiz im Gegensatz zum Ausland. Niemand im Gesundheitssystem der Leistungserbringer hat ein Interesse an Kostensenkungen», kritisiert Dobler.
«Das Problem der steigenden Prämien der Krankenkassen muss man bei den Kosten und den Anreizen anpacken und nicht einfach jemand anders zahlen lassen, wie es die Linke fordert. Globalbudgets sind ebenfalls der falsche Weg», ist Dobler überzeugt.