Bund rechnet beim Autobahnausbau mit alten Zahlen
Nach der AHV-Panne droht dem Bund weiteres Ungemach. Denn im Zusammenhang mit der Abstimmung zum Autobahnausbau sollen Zahlen kursieren, die veraltet sind.
Das Wichtigste in Kürze
- Schon wieder werden Zahlen des Bundes zu einer Abstimmung angezweifelt.
- Nach dem AHV-Rechenfehler geraten nun Autobahn-Daten ins Visier.
- Laut Gegnern würde ein Ausbau nämlich deutlich weniger bringen als bisher angenommen.
In der Schweizer Politik kam es in dieser Woche zu einem regelrechten Paukenschlag. Wie am Dienstag bekannt wurde, hat sich das Bundesamt für Sozialversicherungen bei den AHV-Zahlen verrechnet. Die Ausgaben wurden zu hoch prognostiziert.
Vor allem Linke und Grüne ärgerten sich über den Fehler. Sie haben Beschwerden gegen die Abstimmung zur Erhöhung des Frauenrentenalters von 2022 eingelegt. Aus ihrer Sicht hätten die falschen Zahlen das Resultat entscheidend beeinflusst.
Jetzt gibt es vor dem übernächsten Abstimmungssonntag im November schon wieder Wirbel um zweifelhafte Daten. Bei den Prognosen zum Ausbau des Autobahnnetzes hat der Bund nämlich mit veralteten Zahlen gerechnet, wie die «NZZ am Sonntag» berichtet.
Für den Ausbau, über den das Schweizer Stimmvolk am 24. November entscheidet, sah der Bund 5,3 Milliarden Franken vor.
Das könnte sich aber lohnen, weil Stau und andere Verkehrseinschränkungen ebenfalls Geld kosten. Jährlich soll der wirtschaftliche Nutzen des Ausbaus demnach 184 Millionen Franken betragen. Es ist ein wichtiges Argument, das von den Befürwortern ins Feld geführt wird.
Bringt der Ausbau nur 65 statt 184 Millionen?
Die positiven Folgen sind aber laut Kritikern zu hoch bemessen. Selim Egloff vom Verkehrsclub Schweiz (VCS) sagt: «Wir stellen fest, dass der zu erwartende volkswirtschaftliche Nutzen sämtlicher Teilprojekte massiv tiefer ausfällt.»
Laut Egloff, Projektleiter Verkehrspolitik beim VCS, ist der Nutzen in Wahrheit 119 Millionen tiefer. Damit wären es gerade einmal 65 Millionen.
Der Zankapfel ist der sogenannte Zeitkostenansatz – damit wird die gesparte Zeit in Geld umgerechnet. Für die Berechnung zur aktuellen Vorlage habe sich das Bundesamt für Strassen (Astra) auf eine Norm von 2009 gestützt. Mit den aktuellen Zahlen würde der Wert aus der Sicht der Autobahnausbau-Gegner deutlich tiefer ausfallen.
Das Problem ist dem Bundesamt für Strassen (Astra) bekannt. Der Ansatz zur Berechnung des finanziellen Effekts der eingesparten Stauzeit werde zurzeit angepasst.
Der neue Ansatz gelte aber erst in sechs bis zwölf Monaten. Wenn man jetzt schon die neue Norm verwenden würde, wäre das «unseriös», so der Bund. Bis nach der Abstimmung gilt also auf jeden Fall weiterhin der bestehende Wert.
Ausbau soll auch Lärm reduzieren und Sicherheit erhöhen
Der wirtschaftliche Nutzen der Vermeidung von Staus ist indes nicht das einzige Argument der Befürworter.
Durch die Vorlage soll auch die Lärmbelastung eingeschränkt werden. Denn wenn der Verkehr auf der Autobahn flüssiger laufe, würden Lenker nicht auf Städte oder Dörfer ausweichen. Zudem verbessere der Ausbau die Sicherheit.
Die Gegner argumentieren derweil, dass ein Ausbau letztlich nur mehr Verkehr bringen werde. Statt in die Strassen soll in nachhaltige Verkehrsformen investiert werden.
Die Abstimmung ist für den 24. November angesetzt. Am selben Tag stimmt das Volk auch noch über drei andere Vorlagen ab.
Zuvor gibt es am 22. September noch einen Abstimmungssonntag.