AHV: Diese Rechen-Fehler sind dem Bund schon passiert
Die mathematische Panne bei der Prognose zur AHV sorgt für Aufsehen. Auch in der Vergangenheit hat der Bund schon solche Fehler gemacht.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bund hat die Ausgaben für die AHV zu hoch prognostiziert.
- Es passiert nicht das erste Mal, dass man sich in Bern verrechnet.
- Seien es Wähleranteile oder Zuwanderungszahlen: Nicht immer waren die Werte korrekt.
Wie gestern bekannt wurde, hat sich das Bundesamt für Sozialversicherungen bei der AHV verrechnet. Eine Prognose zu den Ausgaben der Versicherung wurde korrigiert. Konkret: Das Sozialwerk soll bis 2033 um vier Milliarden besser da stehen als zunächst angenommen.
Der Fehler löst in der Schweizer Politik eine grosse Diskussion aus. Die Linken fordern sogar eine Wiederholung der Abstimmung zum Frauen-Rentenalter. Polit-Analyst Mark Balsiger erklärte bei Nau.ch, er halte es für möglich, dass die Abstimmung für ungültig erklärt würde.
Auch die Jungfreisinnigen sehen sich in Bezug auf ihre Renteninitiative durch die falschen Zahlen benachteiligt.
Der Vorfall ist insbesondere wegen der Höhe des fehlerhaft berechneten Betrags und wegen der Wichtigkeit der AHV-Debatte bemerkenswert.
Pikant: Es ist nicht das erste Mal, dass sich der Bund verrechnet.
Bundesamt berechnete 2023 Wähleranteile falsch
Ein Beispiel ist noch nicht einmal ein Jahr her: Denn bei den Nationalratswahlen im Herbst 2023 hat das Bundesamt für Statistik zunächst falsche Parteistärken publiziert.
Ein Programmierfehler sorgte dafür, dass Stimmen irrtümlicherweise mehrfach gezählt wurden.
Folgen für die Sitzverteilung und die gewählten Personen hatte der Fauxpas zwar nicht. Dennoch veränderten sich die Wähleranteile der Parteien teils bedeutend. So wäre die Mitte laut der ersten Fassung vor der FDP gelegen. Mit der korrigierten Version war dies nicht mehr der Fall.
Brisant: Nach den Wahlen kamen auch Diskussionen um die Zusammensetzung des Bundesrats auf. Dies, weil die Mitte als vermeintliche drittstärkste Kraft gemäss der Zauberformel einen FDP-Sitz erhalten sollte. Allerdings gilt dieses Argument nach der Korrektur des Fehlers nicht mehr.
2008 bei der Unternehmenssteuerreform II kam es ebenfalls zu einer Panne. Die Steuerausfälle wurden damals massiv zu tief eingeschätzt.
Folgen der Personenfreizügigkeit wurden unterschätzt
Auch die Personenfreizügigkeit könnte von einer falschen Annahme profitiert haben. Denn vor der Abstimmung im Jahr 2000 ging man von deutlich weniger Einwanderung aus der EU aus.
Wie im «Nebelspalter»-Podcast «Bern einfach» ausgeführt wurde, berief sich der Bund damals auf eine Studie des Ökonoms Thomas Sraubhaar. Dieser ging davon aus, dass die Nettozuwanderung aus der EU höchstes 10'000 Personen pro Jahr betragen würde.
In Wahrheit sind es deutlich mehr. Von September 2022 bis September 2023 kamen laut der Ausländerstatistik des Bundes netto 65'000 Menschen aus der EU. Laut «Nebelspalter»-Chefredaktor Markus Somm könnte man ebenfalls fordern, dass die Abstimmung von 2000 wiederholt werden müsse.
Nach Panne bei AHV: Wiederholung von Abstimmung möglich
Ob es im Zuge der Panne bei der AHV tatsächlich zu einer Wiederholung der Rentenalter-Abstimmung kommt, ist fraglich.
Laut Polit-Analyst Mark Balsiger ist es durchaus möglich, dass die Abstimmung zum Frauen-Rentenalter für ungültig erklärt wird. Er betonte gegenüber Nau.ch, dass das Resultat im Herbst 2022 äusserst knapp ausfiel.
Allerdings stösst die linke Forderung nicht überall auf Zustimmung. Thomas Aeschi sagte, dass er eine Wiederholung ablehne.
Andere Akteure betonen, dass die Korrektur letztlich nichts an der finanziellen Schieflage der AHV ändere. Das Umlageergebnis werde ab 2026 ohnehin negativ, sagt beispielsweise die Mitte – es brauche also sowieso Massnahmen.