Bis am 7. Dezember hat die Schweiz Zeit, einen Entscheid zum EU-Rahmenabkommen zu fällen, Morgen steht das Thema im Bundesrat zur Diskussion.
Rahmenabkommen: Interview mit Paul Rechsteiner, Präsident Gewerkschaftsbund - Nau

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundesrat wird morgen Freitag über das Rahmenabkommen mit der EU diskutieren.
  • Brüssel hat der Schweiz eine Deadline bis am 7. Dezember gesetzt.
  • Sollte der Bundesrat dem Abkommen zustimmen, könnte es noch im Parlament scheitern.
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Letzte Woche hat die EU die Verhandlungen mit der Schweiz über das Rahmenabkommen für beendet erklärt. Sie gibt dem Bundesrat bis am 7. Dezember Zeit, dem Abkommen zuzustimmen oder es abzulehnen. Morgen Freitag wird sich die Schweizer Exekutive erstmals dieser Aufgabe widmen und vielleicht sogar einen Entscheid treffen.

Sollte sich der Bundesrat für das Rahmenabkommen entscheiden, braucht es noch die Zustimmung des Parlaments. Doch das dürfte schwierig werden, denn die Gewerkschaften lehnen die Bedingungen der EU ab. SP-StänderatPaul Rechsteiner, Präsident des Gewerkschaftsbundes, wurde das Ergebnis der Verhandlungen bereits vorgelegt. «Es ist schlicht katastrophal», sagt er.

Das Problem sei, dass der Schweizer Lohnschutz vollständig dem EU-Recht unterstellt würde. Das sei ein Verstoss gegen die roten Linien. «Mit Cassis und Schneider-Ammann haben wir zwei Departementschefs, die gegen diese Linie antreten. Im letzten Halbjahr haben sie nichts anderes gemacht als unseren Lohnschutz anzugreifen», kritisiert Rechsteiner. Nebst der SP dürfte auch die SVP das Abkommen ablehnen.

Flankierende Massnahmen und Unionsbürgerrichtlinie als Streitpunkte

Worum geht es? 2004 haben sich Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften auf die sogenannten flankierenden Massnahmen des Freizügigkeitsabkommens (FZA) geeinigt. Diese bestehen aus intensiven Arbeitsmarktkontrollen und strengen Vorschriften. Damit soll Lohn-Dumping verhindert werden. Denn: in der Schweiz sind Löhne verglichen mit EU-Ländern hoch. Aus Sicht der EU verletzen diese Massnahmen aber die bilateralen Verträge. Die Gewerkschaften beharren jedoch auf dem Status quo beim Lohnschutzniveau.

Die Bilateralen wurden ausgehandelt, weil die Schweiz weder EU-Mitglied noch dem Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) beigetreten ist, obwohl 55 Prozent der Exporte in die Union gehen. Sie regeln unter anderem die Personenfreizügigkeit oder die Abschaffung systematischer Grenzkontrollen. Insgesamt handelt es sich um 120 Verträge.

Daneben sorgt das Problem der Unionsbürgerrichtlinie für Skepsis. Dabei geht es unter anderem um den Bezug von Sozialhilfeleistungen der EU-Bürger im Gastland und das Recht auf Daueraufenthalt. Diese Richtlinie will Brüssel früher oder später auch in der Schweiz durchsetzen, wird im Rahmenabkommen aber gar nicht erwähnt. Viele befürchten deswegen, dass die Richtlinie der Schweiz durch die Hintertür via Schiedsgericht aufgezwungen werden könnte.

Mögliche Konsequenzen

Sollte sich die Schweiz gegen das Rahmenabkommen entscheiden, wird die EU die seit 2014 laufenden Verhandlungen als gescheitert betrachten. Erst nach den Wahlen zum Europäischen Parlament 2020 wären Neuverhandlungen unter anderen Voraussetzungen wieder möglich. Brüssel droht bei einem solchen Entscheid damit, die Anerkennung der Äquivalenz der Schweizer Börse nicht zu verlängern. Dann würden Händler aus der EU Wertschriften nicht mehr an der Schweizer Börse handeln dürfen, was deren Wettbewerbsfähigkeit gefährden würde.

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