Bundesrat soll Einführung des Gendersterns prüfen
Ein SP-Vorstoss fordert die Einführung des Gendersterns in der Bundesverwaltung. Ein Ja könnte weitreichende Konsequenzen haben.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein SP-Postulat zielt darauf ab, dass die Bundesverwaltung den Genderstern einführt.
- Eine solche Praxis-Änderung hätte wohl grössere Konsequenzen.
- Kantone berufen sich in Sachen Rechtschreibung meist auf die Weisungen der Bundeskanzlei.
Für SP-Nationalrätin Céline Widmer muss es nicht unbedingt der Genderstern sein. Statt «Politiker*in» wäre offenbar auch «Politiker:in» oder «Politiker_in» in Betracht zu ziehen. Ihr Anliegen: Die Bundesverwaltung soll eine «trans-inklusive Sprache» verwenden. Dazu soll der Bundesrat einen Bericht vorlegen, bei dem es insbesondere um die Verwendung von typografischen Zeichen gehen soll.
Sprachregelung der Bundeskanzlei mit viel Einfluss
Doch dabei geht es um weitaus mehr als eine weitere Finesse im Beamtendeutsch. Denn in Sachen Rechtschreibung ist die Bundeskanzlei eine Art höchste Instanz. So legt sie in ihren Weisungen fest, dass «MeteoSchweiz» falsch sei (kein grosses «S») oder «Armee-Einsatz» bevorzugt werde (mit Bindestrich).
Auch beim Genderstern und Konsorten, zu denen die Bundeskanzlei sich genötigt sah, eine separate Weisung zu publizieren. Diese typografischen Methoden seien nicht geeignet, dem Anliegen der Inklusion gerecht zu werden, weiss die Bundeskanzlei. «Zum einen leisten sie nicht, was sie leisten sollten, und zum andern verursachen sie eine ganze Reihe von sprachlichen Problemen.» Ihr Wort gilt wortwörtlich, denn Kantone und Gemeinden übernehmen meist diese Weisungen.
Kantone berufen sich auf Bund
Kaum publiziert, zog die St. Galler Stadtregierung nach und untersagte die Verwendung des Gendersterns. Die Aargauer Regierung verbot den Schulen ganz offiziell, den Genderstern zu verwenden. Man setze grundsätzlich auf die Linie der Bundesverwaltung.
Mit der gleichen Begründung wurde auch der Thurgauer FDP-Kantonsrat David H. Bon von der Staatskanzlei gerüffelt. Er hatte in einem Kommissionsbericht von «Besucher*innen», «Vertreter*innen» und «Nutzer*innen» geschrieben. Verschiedene weitere Kantone nennen den Sprachleitfaden der Bundesverwaltung als auch für sie massgeblich.
Genderstern: Bern würde Übernahme prüfen
Indem sich die Kantone und viele Gemeinden explizit auf die Bundeskanzlei berufen, machen sie sich aber auch ein stückweit abhängig. Wenn das Postulat von Céline Widmer angenommen würde, der bundesrätliche Bericht neuen Schlussfolgerungen zieht, wäre das Signal landesweit hörbar. Man sei über das eingereichte Postulat sehr erfreut, sagt deshalb der Co-Präsident der Juso Aargau, David Sommer. Seine Partei hatte im Anschluss ans Genderstern-Verbot in Aargauer Schulen postwendend mit einer Unterschriftensammlung begonnen.
Sommer bleibt jedoch skeptisch, ob sein Kanton auf eine allfällige Anpassung aus Bundesbern reagieren würde. Auch Andreas Melchior, Kommunikations-Chef der Zürcher Staatskanzlei, dämpft die Erwartungen. Man orientiere sich an der Praxis des Bundes und verfolge die Entwicklung aufmerksam, aber: «Im Moment ist keine Praxisänderung geplant.»
Offener tönt es aus dem Kanton Bern: «Sollte die Bundesverwaltung die Regeln ändern, würde der Kanton Bern eine Übernahme prüfen.»