Bundesrat will Ärzten das Verschreiben von Cannabis erlauben
Der Bundesrat möchte den Zugang zu Medizinalcannabis erleichtern. Patienten sollen sich künftig das Betäubungsmittel direkt ärztlich verschreiben lassen können.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat wünscht einen erleichterten Zugang zu Medizinalcannabis.
- Ärzte sollen deshalb das Betäubungsmittel künftig verschreiben dürfen.
Ärztinnen und Ärzte in der Schweiz sollen ihren Patientinnen und Patienten Cannabis zu medizinischen Zwecken verschreiben können. Der Bundesrat will das Betäubungsmittelgesetz entsprechend anpassen. Die Krankenkassen müssen den Stoff allerdings nicht vergüten.
Mehrere tausend Kranke, die beispielsweise an Krebs oder an Multipler Sklerose (MS) leiden, nehmen Cannabis ein. Damit sie dies tun können, muss das Bundesamt für Gesundheit (BAG) auf Gesuch hin eine Ausnahmebewilligung erteilen. 2018 stellte es rund 3000 solche Bewilligungen aus.
«Diese Ausnahmebewilligungen sind nicht mehr zeitgemäss, es braucht einen besseren Zugang», erklärt Gesundheitsminister Alain Berset. «Es handelt sich nicht um eine Salamitaktik», so der Bundesrat. «Wir wollen damit einfach den administrativen Aufwand senken.»
Steigende Zahl von Gesuchen
Die Anzahl der Gesuche ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Um eine Bewilligung für die Anwendung von Cannabis mit einem THC-Gehalt von mehr als 1 Prozent zu bekommen, müssen die Ärzte darlegen, dass die Lebensqualität der Kranken schwer beeinträchtigt ist und keine alternativen Therapien möglich sind.
So genanntes Medizinalcannabis kann zum Beispiel gegen chronische Schmerzen von Krebspatienten eingesetzt werden, aber auch gegen Übelkeit und Appetitverlust während einer Chemotherapie, wie das Bundesamt für Gesundheit schreibt. Bei MS soll der Stoff helfen, die Spastik und Krämpfe zu reduzieren.
Der Bundesrat will nun den Zugang zum Cannabis erleichtern, indem die behandelnden Ärzte dieses direkt verschreiben können. Am Mittwoch gab die Landesregierung eine entsprechende Anpassung des Betäubungsmittelgesetzes in eine Vernehmlassung.
Wirkung ungenügend belegt
Ob cannabishaltige Mittel wirken, ist laut BAG wissenschaftlich noch ungenügend belegt. Krankenkassen vergüten Behandlungen mit Medizinalcannabis deshalb nicht automatisch, sondern lediglich in Einzelfällen. Dies zu ändern, ist nicht Gegenstand der Vorlage, wie das BAG betont.
Das Bundesamt will in der Frage Klärung bekommen und lanciert deshalb ein Evaluationsprojekt. Dieses soll zeigen, ob sich die Wirksamkeit von Behandlungen mit Cannabis für eine obligatorische Vergütung ausreichend nachweisen lässt. Ebenso soll herausgefunden werden, bei welchen Krankheitsbildern Cannabis angezeigt ist.
Cannabisarzneimittel können mehrere hundert Franken im Monat kosten. Laut BAG kann das dazu führen, dass sich Patientinnen und Patienten in gewissen Fällen selbst therapieren und sich Cannabis auf illegalen Wegen beschaffen. Die heutige Gesetzgebung entspreche nicht mehr dem aktuellen Wissensstand sowie den Bedürfnissen der Kranken, schreibt das BAG.
Cannabis ist in der Schweiz seit 1951 verboten. Der Bundesrat will indes einen so genannten Experimentierartikel ins Gesetz schreiben: Er hatte dem Parlament im Februar eine Botschaft für die Durchführung von Pilotversuchen zum Cannabis-Konsum «zu Genusszwecken» zugestellt. Der Experimentierartikel ist umstritten.