Bundesrat will «Schreiben nach Gehör» nicht aus Lehrplan 21 streichen
Die Methode «Schreiben nach Gehör» ist extrem umstritten. Deswegen fordert ein Vorstoss vom Bundesrat, deren Entfernung aus dem Lehrplan. Doch dieser lehnt ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Peter Keller fordert, dass «Schreiben nach Gehör» aus dem Lehrplan 21 entfernt wird.
- Der SVP-Nationalrat hat deswegen einen entsprechenden Vorstoss beim Bundesrat eingereicht.
- Doch dieser schiebt die Verantwortung für Lehrpläne den Kantonen zu.
Der Schweizer Pädagoge Jürgen Reichen entwickelte die Methode «Schreiben nach Gehör», um bei Schulanfängern die Schreiblust zu fördern. Kinder sollen einfach drauflos schreiben. Sätze wie «Fusbal Schbilen machd mier Schbas» oder «Meinne Kadse heisd Bonita» entstehen so. Solche Schreibfehler bleiben bei dieser Methode unkorrigiert.
SVP-Nationalrat Peter Keller möchte sie deswegen verbieten lassen und reichte im März beim Bundesrat eine entsprechende Interpellation ein. Der gelernte Lehrer argumentiert, dass «Schreiben nach Gehör» mitverantwortlich für ungenügende Rechtschreibfähigkeiten bei jungen Erwachsenen sei.
Das würden neueste Studien zeigen. Die Orthografiefehler müssten später wieder abtrainiert werden, dies «nicht immer mit Erfolg».
Das Problem: Die Methode ist im Lehrplan 21 «mehrfach aufgeführt». Dieser beziehe seine politische Legitimation aus dem Bildungsartikel 61a der Bundesverfassung. Damit bestehe beim Bund eine Verantwortung für den Inhalt des Lehrplans.
Kellers Kanton Nidwalden hat «Schreiben nach Gehör» bereits abgeschafft, dem Beispiel der deutschen Bundesländer Baden-Württemberg und Hamburg folgend. Der Kanton Aargau hat Anfang März die entsprechenden Lehrmittel ebenfalls verboten.
Bundesrat sieht Verantwortung bei den Kantonen
Dennoch will der Bundesrat nicht handeln: Gemäss Bundesverfassung liege die Verantwortung bei den Kantonen. Diese müssten dafür sorgen, «dass mit lehrplankonformen sowie fachlich und didaktisch zeitgemässen Lehrmitteln unterrichtet wird».
«Der Bundesrat sieht entsprechend davon ab, sich zu didaktischen Methoden in der Volksschule zu äussern», steht in der offiziellen Stellungnahme. In den Kantonen würde bereits eine Diskussion über die Verbreitung und Anwendung der Methode «Schreiben nach Gehör» stattfinden.
Der Bundesrat habe grosses Vertrauen, dass sich Kantone und Lehrkräfte «ihrer Verantwortung im Hinblick aufs Erreichen der Bildungsziele bewusst sind».