Claude Longchamp: Keller-Sutter bestimmt Corona-Politik 2021
Das Coronavirus wird auch das Polit-Jahr 2021 prägen. Doch einiges verändert sich dennoch, so Politologe Claude Longchamp im Talk mit Nau.ch.
Das Wichtigste in Kürze
- Die Corona-Politik wird die Schweiz im neuen Jahr ebenso prägen wie 2020.
- Erwartet werden Untersuchungen, knappe Bundesratsentscheide und Sparmassnahmen.
- Politologe Claude Longchamp wagt im Interview mit Nau.ch einige brisante Prognosen.
2020 neigt sich dem Ende zu. Endlich, dürften sich viele denken. Doch was erwartet die Schweiz im Jahr 2021? Und vor allem: Wie lange beschäftigt uns das Coronavirus noch im Alltag?
Das weiss niemand mit absoluter Sicherheit, auch Claude Longchamp nicht. Doch der prominente Politologe wagt im Talk mit Nau.ch einige Prognosen, was die politische Situation im Land anbelangt.
Diese dürfte auch im neuen Jahr stark von der Virussituation und den damit einhergehenden Massnahmen abhängig sein. Matchentscheidend dafür sei die Personalie Karin Keller-Sutter (FDP). Longchamp geht davon aus, dass die Justizministerin in wichtigen Fragen das Zünglein an der Waage spielt.
So drangen bereits in den letzten Wochen wiederholt Gerüchte nach aussen, wonach die Ostschweizerin sich mit den beiden SP-lern und Mitte-Vertreterin Viola Amherd für schärfere Massnahmen ausgesprochen hat.
SVP-Parmelin: Wenig Einfluss als Bundespräsident
Weniger zentral beurteilt Longchamp die neue Spitze der Landesregierung. Der künftige Bundespräsidentin Guy Parmelin (SVP) habe als primus inter pares («Erster unter Gleichen») nicht mehr Einfluss als bisher.
Insofern sei es auch kaum problematisch, wenn er nicht alle Massnahmen des Bundesrats zu 100 Prozent mittrage. «Er hat keines Weisungs-Befugnis», so der Politologe. Simonetta Sommaruga war wohl ebenfalls nicht immer mit allen Entscheiden des Gremiums einverstanden.
Gewisse Entscheide der Verwaltung und auch von kantonalen Regierungen aus dem Sommer und Herbst 2020 dürften allerdings im neuen Jahr weiterhin brisant bleiben. Denn Parlamente werden untersuchen wollen, wo in der Pandemie-Bekämpfung Fehler passiert sind.
Dabei gehe es aber nicht zwingend darum, dass Köpfe rollen müssen. Schliesslich hätten sich vor allem die Bundesräte auch nach ihrem politischen Kompass gerichtet. «Ein Rücktritt ist aber immer denkbar, vom Alter her am ehesten von Ueli Maurer.»
Kommts im Gesundheitswesen zum Sparhammer?
Politisch dürften sich die Kräfteverhältnisse durch das Coronavirus nicht massiv verschieben. «Es konnte sich keine Partei wirklich damit profilieren.» Es sei allerdings auffallend, dass die Mitte-Parteien in Wahlbarometern jüngst zugelegt hätten, so Longchamp.
In den Fokus geraten werden wird wohl das Gesundheitswesen. Die Spitäler schrieben virus-bedingt Milliarden-Verluste. Viele Kantone dürften Spassmassnahmen durchpauken, glaubt Claude Longchamp. Hinzu kämen die beiden Prämien-Initiativen von SP und CVP.
Ökologischer Super-Sunday am 13. Juni
Als politisches Highlight abseits der Pandemie-Bekämpfung erachtet Longchamp den 13. Juni. Dann entscheidet die Stimm-Bevölkerung wohl über die Trinkwasser- und Pestizid-Initiativen.
Gleichzeitig dürfte auch das CO2-Gesetz und womöglich das Anti-Terror-Referendum vors Volk kommen. «Das hat Potenzial für einen Super Sunday mit hoher Stimmbeteiligung», so der Politologe.
Nicht unberührt werde die Schweiz weiter durch die Situation in den USA bleiben. Mit der Wahl von Joe Biden zum Präsidenten könne ein Prozess der «Heilung» der Demokratie vollzogen werden, glaubt er. Das könne auch in der Schweiz zu einer Entspannung führen.