Coronavirus: Bundesrat will Lockdown ab 26. April lockern
Nach langem Abwägen erklärt der Bundesrat die Verlängerung des Lockdowns – und verspricht Lockerungen im April. Hier die Zusammenfassung.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat hat neue Massnahmen zur Abfederung der Corona-Schäden präsentiert.
- Zwar werden die Massnahmen bis zum 26. April verlängert, dann sollen Lockerungen folgen.
- Die Luftfahrt soll unterstützt werden, eine Zahl nennt der Bundesrat aber noch nicht.
- Auch Startups sollen von Liquiditätshilfen profitieren, bei den Mieten soll Dialog helfen.
Der Bundesrat hat an seiner heutigen Sitzung weitere Massnahmen zur Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie sowie deren Auswirkungen auf die Wirtschaft beschlossen. Dies sind die wichtigsten Punkte:
• Der Bundesrat will die Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus bis zum Sonntag, 26. April 2020, verlängern. Die Lockerung soll aber noch im April starten. Alain Berset sieht «Licht am Ende des Tunnels».
• Kurzarbeit wird auf die rund 200'000 Arbeitnehmenden ausgeweitet, die auf Abruf arbeiten, um so Kündigungen zu verhindern. Für Kurzarbeitende wird zudem der finanzielle Anreiz erhöht, eine Zwischenbeschäftigung anzunehmen.
• Der Bundesrat will Mieter, die durch die Coronakrise in Finanznöte geraten sind, nicht entlasten. Er mischt sich nicht in «privatrechtliche Beziehungen» ein. Details hier.
• Der Bundesrat prüft eine Überbrückungsfinanzierung für die gesamte Luftfahrtindustrie, allerdings unter strengen Bedingungen. Über Staatshilfen für Fluggesellschaften hat er noch nicht entschieden. Details hier.
• Der Bundesrat setzt die Zölle auf Importe von medizinischen Gütern bis im Oktober aus. Damit soll die Versorgung mit wichtiger Ausrüstung verbessert werden. Details hier.
• Der Bundesrat rechnet mit düsteren Konjunkturprognosen für die Wirtschaft. Er erwartet einen Produktionsausfall von 25 Prozent und hält eine Arbeitslosigkeit von bis zu sieben Prozent für möglich. Details hier.
Die Bundesrats-PK im Protokoll
17.34: Bundesrat Alain Berset lässt sich nicht aufs die Äste hinaus. Trotz hartnäckigem Nachfragen von Journalisten, betont er: Es werde nächste Woche eine Bundesrats-Sitzung geben, bei der über die Lockerungen diskutiert werde. Massenansammlungen würden dann sicher noch nicht wieder erlaubt. Wie lange es gehe, bis in der Schweiz wieder der Normalzustand herrsche, lasse sich ebenso wenig sagen.
Es sei klar: Schutzkonzepte müssen die Lockerungen begleiten. Man verfolge und diskutiere auch, was im Ausland zum Thema Maskenpflicht passiere, so Berset. Auch wenn der Bundesrat diese nicht vorschreibt, sei es nicht verboten eine Maske zu tragen.
17.23: Gibt es Unterstützung für den öV? Verkehrsministerin Sommaruga kann derzeit nichts versprechen. Man prüfe, sowohl für Fern- wie Nahverkehr. Es gebe aber bereits die beschlossenen Massnahmen, welche natürlich auch für diese Unternehmen gelten würden.
17.20: Der Bundesrat sei sich bewusst, dass die Medien in einer speziell schwierigen Lage sei. Es brauche die Medien als kritisches Korrektiv, Simonetta Sommaruga. Auch die Medien haben die Möglichkeit, von den Unterstützungsmöglichkeiten zu profitieren. Der Bundesrat möchte aber nicht mit zusätzlichem Notrecht arbeiten.
Es ist ein Ruck durch die Schweiz gegangen – die Massnahmen zeigen Wirkung. Schrittweise Lockerungen sind noch vor Ende April möglich – unter Einhaltung der Distanz- und Hygieneregeln. #CoronaInfoCH https://t.co/Ghau52kZYv
— Simonetta Sommaruga (@s_sommaruga) April 8, 2020
17.14: Das Auffangen der negativen Effekte auf die Wirtschaft ist eine sehr komplexe Angelegenheit. Das unterstreichen die Bundesräte Parmelin, Berset und Sommaruga heute erneut. Probleme ergeben sich etwa aus direkten und indirekten Auswirkungen, sowie der unterschiedlichen Anstellungsverhältnisse der Arbeitnehmenden oder verschiedenen Rechtsformen der Unternehmen.
Bundespräsidentin Sommaruga weist darauf hin, dass praktisch alle Kantone eigene Massnahmenpakete geschnürt hätten. Der Bund sucht weiter Lösungen, um möglichst vielen Menschen und Firmen zu helfen.
16.59: Bei den Mieten will der Bundesrat nicht auf Notrecht setzen, führt Parmelin aus. Auch komme das Monitoring nicht zu spät, widerspricht er einer entsprechenden Frage. Vielmehr ruft er die betroffenen Mietparteien eindringlich dazu auf, im Dialog konstruktive und pragmatische Lösungen zu finden.
Der Bundesrat möchte nicht in die privatrechtlichen Beziehungen rund um Geschäftsmieten eingreifen. Aber er ruft die Parteien eindringlich auf, miteinander konstruktive und pragmatische Lösungen zu finden. @BWO_OFL
— Bundesrat • Conseil fédéral • Consiglio federale (@BR_Sprecher) April 8, 2020
16.48: Die Massnahmen des Bundesrates für die Wirtschaft wirken, beginnt Wirtschaftsminister Guy Parmelin. Aber es sei ebenso klar, dass die Wirtschaft sehr stark unter den Restriktionen leide. Deshalb hat der Bundesrat weitere Anpassungen vorgenommen.
Neu haben auch Arbeitnehmer auf Abruf, deren Beschäftigungsgrad starken Schwankungen unterliegt (mehr als 20 Prozent), Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung, sofern sie seit mehr als sechs Monaten in dem Unternehmen arbeiten, das Kurzarbeit anmeldet.
Auch innovative #Startups sollen von der #Liquiditätshilfe des Bundes für Unternehmen profitieren, obwohl sie noch keinen Umsatz erzielen. Denn in ihnen entsteht die Zukunft des Standortes Schweiz.
— Bundesrat • Conseil fédéral • Consiglio federale (@BR_Sprecher) April 8, 2020
Zudem werden Fristen verlängert: Unternehmen mit einem Arbeitsausfall von über 85 Prozent der normalen betrieblichen Arbeitszeit können vier Abrechnungsperioden überschreiten. Diese Regelung gilt rückwirkend auf den 1. März.
Bis zu sieben Prozent Arbeitslosigkeit sind gemäss Konjunkturprognosen möglich, gibt Parmelin zu bedenken. Das mache dem Bundesrat sorgen, neben den gesundheitlichen Gefahren. Hände waschen, Abstand halten und während Ostern zu Hause bleiben sei daher unbedingt auch weiter nötig.
Im Negativszenario 2 (gelb) ist ein Wertschöpfungsverlust von 88 Milliarden Franken bis Ende 2020 möglich, und ein BIP-Rückgang von über 10 Prozent möglich.
Der Bundesrat hat heute zudem beschlossen, die Zölle auf Einfuhren von wichtigen medizinischen Gütern vorübergehend auszusetzen. Medizinische Versorgungsgüter sollen damit möglichst einfach und kostengünstig eingeführt werden können. Medizinische Schutzausrüstung und andere Verbrauchsmaterialen spielen eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung des Coronavirus. Da diese in der Schweiz nicht in genügenden Mengen produziert werden, soll die Versorgungslage in der Schweiz verbessert werden.
16.38: Gesundheitsminister Alain Berset hat das Wort. Auch er zeigt sich grundsätzlich zufrieden mit den Massnahmen. Derzeit sind 22'789 Personen positiv auf das neue Coronavirus getestet. Verstorben sind 705 Personen.
Nach Rücksprache mit Experten habe der Bundesrat beschlossen, die Massnahmen um eine Woche bis zum 26. April zu verlängern. Man komme jetzt in eine schwierige Phase der Epidemie, so Berset. Aber das Licht am Ende des Tunnels werde langsam sichtbar.
Für die langsame Öffnung Ende Monat sei die Anzahl Tote und Neu-Infizierte ein Kriterium, die Art und die Orte der Lockerung ein anderes Kriterium. Aber jetzt sei es noch nicht so weit, vor allem über Ostern sei Disziplin gefragt.
16.30: Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga beginnt. Sommaruga ist erfreut: Die Bevölkerung habe den Ernst der Lage erkannt, ein Ruck sei durch das Land gegangen. Das sei grossartig, die Massnahmen zeigen Wirkung. Der Weg stimme, aber am Ziel sei man noch nicht.
Die Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus werden gut umgesetzt und zeigen Wirkung, stellt der Bundesrat zufrieden fest. Dennoch werden sie um eine Woche bis Sonntag, 26. April 2020, verlängert und noch im April schrittweise gelockert. Dies hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 8. April entschieden. Über die Etappen der Lockerung entscheidet der Bundesrat in seiner nächsten Sitzung vom 16. April.
Die Gesundheit der Bevölkerung stehe auch bei den Lockerungen im Vordergrund. Es tue gut zu wissen, das die Schweiz fähig sei, eine solche Krise zu meistern. Der Bundesrat danke für die Solidarität.
Der Bundesrat arbeite zudem eine Lösung aus, wie die stark gebeutelte Luftfahrt unterstützt werden kann, so Sommaruga weiter. Die Flugbewegungen auf den Schweizer Landesflughäfen sind um mehr als 95 Prozent zurückgegangen. Mehreren Akteuren der Schweizer Luftfahrt drohen deshalb Liquiditätsengpässe. Zudem handle es sich dabei um eine volkswirtschaftlich kritische Infrastruktur.
#BREntscheid Der Bundesrat prüft, die #Luftfahrtindustrie mit Liquidität zu unterstützen. Im Vordergrund stehen an strenge Auflagen des Bundes geknüpfte Garantien für Fluggesellschaften. (BK) #CoronaInfoCH
— Bundesrat • Conseil fédéral • Consiglio federale (@BR_Sprecher) April 8, 2020
Im Vordergrund stehen Garantien des Bundes für Fluggesellschaften, so der Bundesrat. Die Garantien werden an strenge Bedingungen geknüpft und sollen nur vergeben werden, wenn die Unternehmen ihren Liquiditätsbedarf nicht anderweitig decken können. Der Bund hilft nur subsidiär. Die Hilfe muss aber in der Schweiz bleiben und es gibt ein Verbot von Dividenden.
Ausgangslage am 8. April
Mit bereits über 60 Milliarden Franken hat der Bundesrat die Wirtschaft schnell und unbürokratisch vor noch grösserem Schaden bewahrt. Vor allem die staatlich verbürgten Notkredite stossen auf reges Interesse.
Und: Jeder vierte Angestellte im Land leistet bereits Kurzarbeit. Dennoch fallen hunderttausende Menschen durch die Maschen. Keine Hilfe gabs bisher für indirekt betroffene Selbstständige. Taxifahrer oder auch Ärzte dürfen zwar noch arbeiten, haben aber wegen dem Coronavirus keine Kunden und Patienten mehr.
Coronavirus: Rettet Bundesrat die Airlines?
Viele Kleinunternehmer fürchten deshalb um ihre Existenz. Ihnen will die Landesregierung nun wie versprochen auch unter die Arme greifen.
Ebenfalls gespannt wartet die Luftfahrt-Branche auf Beschlüsse. Die meisten Airlines haben nämlich kaum mehr Flugzeuge in der Luft und sind wohl auf Staatshilfe angewiesen.
Die Medienkonferenz mit Simonaetta Sommaruga, Alain Berset und Guy Parmelin startet um 16.30. Nau.ch berichtet hier live im Stream und Ticker.