Coronavirus: Darum schöpft die Schweiz die Möglichkeiten nicht aus
Die Schweiz könnte viel mehr auf das neue Coronavirus testen, tut es aber bewusst nicht. Für die nächsten Tage kündigte das BAG aber einen Paradigmenwechsel an.
Das Wichtigste in Kürze
- Theoretisch könnte die Schweiz 10'000 Menschen pro Tag testen.
- Bald sollen darum auch Menschen mit leichten Symptomen getestet werden.
- Gemessen an der Bevölkerungszahl ist die Schweiz bei der Test-Menge an der Weltspitze.
Eigentlich ist es erstaunlich. Die Testkapazitäten der Schweiz für das Coronavirus wurden in den letzten Wochen massiv hochgefahren, zeitweise wurden täglich zwischen 5000 und 10'000 Menschen getestet, am Wochenende jeweils weniger. Langfristig, das erklärte Patrick Mathys vom BAG diese Woche, wären jeden Tag 10'000 Tests möglich.
Testzahlen deutlich unter den Möglichkeiten
Doch obwohl immer mehr Menschen getestet werden könnten, nimmt die Anzahl der tatsächlich durchgeführten Tests derzeit ab. Dementsprechend sinkt auch die Zahl der registrierten Infektionen.
Die Testzahlen bewegen sich seit Ende letzter Woche zwischen 2000 und 4000 pro Tag; weit entfernt von den Spitzenwerten, die Mitte bis Ende März erzielt wurden. Das hat mit dem Osterwochenende zu tun, aber nicht nur.
Die grosse Frage: Warum lassen sich in der Schweiz immer weniger Menschen auf das Coronavirus testen, obwohl eigentlich immer mehr Tests möglich wären?
Weniger Menschen haben starke Symptome
Der Grund dafür ist eigentlich logisch. Durch die Massnahmen des Bundesrats verebbte die zuvor rasante Ausbreitung des Virus zu einem grossen Teil. Das bedeutet, dass immer weniger Menschen starke Symptome entwickeln und ins Spital müssen, wo sie getestet werden. Ansonsten stehen Tests nur für Risikogruppen und medizinisches Personal zur Verfügung.
Wie Mathys an der Pressekonferenz vom 15. April erklärte, hat das BAG seine Strategie noch nicht angepasst, weil nicht genug Tests vorhanden sind, um flächendeckend zu testen . Das bedeutet, dass die Schweiz sich momentan in einer Zwischen-Phase befindet: wir haben zu viele Tests, um nur die Härtefälle zu testen, aber zu wenige um auch Menschen mit leichten Symptomen zuzulassen.
Änderungen stehen bevor
Gestern Freitag versprach Daniel Koch, Covid-19-Beauftragter des BAG, dass der Bund schon in den nächsten Tagen sein Test-Regime dahingehend ändern wird. Bald sollen also auch Menschen mit leichten Symptomen getestet werden. Menschen ohne Symptome werden aber auch in Zukunft nicht getestet.
Dass umfangreiche Tests ein wirksames Mittel sind, um die Pandemie einzudämmen, zeigte sich in Südkorea. Das ostasiatische Land schaffte es, unter anderem mit bis zu 15'000 Tests pro Tag, die Kurve enorm abflachen zu lassen.
Für die Schweiz sind das gute Nachrichten: gemessen an der Bevölkerungszahl, sind wir gemäss «Worldometers» zwar, Kleinst-Länder ausgenommen, hinter Spanien und Belgien das am drittstärksten betroffene Land.
Schweiz testet pro Kopf am zweitmeisten
Aber, hinter Norwegen, auch das Land, das seine Bevölkerung pro Million Einwohner aktuell am meisten testet. Und damit deutlich vor Südkorea, beispielsweise. Wenn bald jeden Tag 10'000 Schweizerinnen und Schweizer getestet werden, ist das ein gutes Vorzeichen für die schrittweise Öffnungs-Strategie des Bundes.
Und ein nicht unwesentlicher Unterschied zur Situation Anfang März: denn damals testete man nur 1000-2000 Menschen pro Tag.