Coronavirus: Das ist die offizielle Strategie der Schweiz
Einen Tag vor dem Bundesrats-Entscheid ist die «Strategie» der Behörden aufgetaucht. Massnahmen sollen demnach «so milde wie möglich» ausgestaltet sein.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat entscheidet am Mittwoch über weitere Massnahmen gegen das Coronavirus.
- Diese sollen gemäss einem Strategie-Papier so «milde wie möglich» ausgestaltet sein.
- Das Dokument zeigt auch die komplizierten Abläufe und erklärt somit das zögerliche Handeln
Wie bekämpft die Schweiz die steigenden Corona-Fallzahlen? Das entscheidet der Bundesrat an seiner Sitzung von morgen Mittwoch. Die Ideen von Gesundheitsminister Alain Berset – etwa eine ausgeweitete Maskenpflicht – sind mittlerweile durchgesickert.
Nun wird auch publik, worauf sich der Bundesrat und die kantonalen Gesundheitsdirektoren bei ihren Entscheiden stützen. Auf «strategische Grundlagen», welche in einem Dokument vom 22. Oktober festgehalten sind.
Diese musste das Bundesamt für Gesundheit (BAG) aufgrund einer aufs Öffentlichkeitsgesetz gestützten Anfrage veröffentlichen.
Zugangsgesuch zur Strategie Bundesrat bei der #COVID19-Eindämmung seitens @BAG_OFSP_UFSP beantwortet.
— 🏴 Hernâni Marques 🐈⬛ (@vecirex) October 26, 2020
Amtliches Dokument vom 22.10:
"COVID-19-Bewältigung:
Strategische Grundlagen der GDK und des EDI-BAG
Grundsätze – Massnahmen – Zusammenarbeit"
📄 https://t.co/LXVMhRSigh (PDF) pic.twitter.com/APQLDwPNDc
Gestellt hat sie Hernâni Marques vom Chaos Computer Club.
Massnahmen «so milde wie möglich»
Der Corona-Masterplan der Schweizer Behörden umfasst zwölf Seiten und befasst sich mit den zentralen Fragen der Pandemie-Bekämpfung. Einig sind sich Bund und Kantone im «obersten Ziel». Dieses lautet: «Menschliche Opfer» verhindern und den «wirtschaftlichen Schaden tief halten».
Deshalb soll ein Lockdown wie im Frühling verhindert werden. Getroffene Massnahmen müssen «mit dem nötigen Augenmass und so milde wie möglich» ausgestaltet sein. Die erneute Ausrufung der ausserordentlichen Lage wird im Strategie-Papier als «letztes Mittel» bezeichnet.
So oder so erachten die Beteiligten den Austausch zwischen GDK-Präsident Lukas Engelberger und Gesundheitsminister Alain Berset als zentral. Dazu gibt es ein (wohl symbolisches) «rotes Telefon». Dieser Austausch findet gemäss Papier «häufig» statt.
Das Strategie-Dokument erklärt weiter das zögerliche Handeln des Bundesrats. Über mehrere Seiten hinweg regelt es im Detail, welche Sekretariate wie und wann welche kantonalen Gremien konsultieren und informieren.
Jedoch dürfte der Bund nun das Zepter wieder vermehrt in die Hand nehmen. Die Behörden gehen nämlich von drei «Stufen» der epidemischen Entwicklung aus. Die erste Phase wird als «interepidemisch» bezeichnet und entspricht jener des Sommers. Die Fallzahlen steigen auf tiefem Niveau, es gibt kaum Hospitalisierungen.
Coronavirus: Ist die Schweiz in «Stufe drei»?
Stufe zwei rechnet mit regional starken Anstiegen, wobei die Verantwortung weiter bei den Kantonen liegt. Als Massnahmen sind hier bereits drastische Einschränkungen vorgesehen. Empfohlen wird etwa die Schliessung von «Übertragungshotspots» und Personen-Obergrenzen für private Treffen.
Genau das haben einige Kantone getan. So hat etwa Bern bereits am Samstag Clubs, Bars oder Fitnesszentren geschlossen. Weil die Zahlen aber weiter steigen, ist die Schweiz wohl in der dritten Stufe angelangt. In dieser liegt die Federführung wieder beim Bund.
Auch in der aktuell geltenden «besonderen» Lage sind dabei schweizweit verordnete Massnahmen möglich. Vielen nicht bewusst ist wohl, dass der Bundesrat auch Massnahmen für besonders betroffene Gebiete treffen kann. Gleichzeitig ist es möglich, dass Berset & Co. einzelne, weniger vom Virus betroffene Gebiete von Massnahmen ausnimmt.
Schulen sollen unbedingt offen bleiben
In Bezug auf bestimmte Bereiche bleibt die Strategie indes vage. So arbeite man daran, das Testkonzept anzupassen. Ziel ist dabei, einen «niederschwelligen» Zugang zu Corona-Tests sicherzustellen. Hier liegt die Hoffnung auf Schnelltests.
Ebenfalls nur oberflächlich behandelt werden Wintersport und Weihnachtsmärkte. Grundsätzlich sollen Sport, Hotellerie und Gastronomie zugelassen werden. Allerdings gelte es, die Übertragung des Virus mit «strikten Schutzkonzepten» zu verhindern.
Deutlich halten die Behörden dagegen fest, dass die obligatorischen Schulen «möglichst lange» offen bleiben sollen. Dasselbe gilt für Kitas und Jugendheime. Inwiefern die Strategie über die nächsten Wochen Bestand hat, dürfte sich bereits morgen Mittwoch zeigen.