Überraschend schickt der Bundesrat die Schweiz zurück in den Lockdown. Mit Überzeugung begründet wird der Schritt von SVPler Guy Parmelin. Seine Partei kocht.
Berset Parmelin Coronavirus
Bundesrat Alain Berset, rechts, diskutiert mit Bundespraesident Guy Parmelin. Am 11. August tritt der Bundesrat wieder zusammen. (KEYSTONE/Peter Klaunzer) - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Bundespräsident Guy Parmelin erklärt überzeugend, warum die Schweiz in den Lockdown muss.
  • Der SVP-Mann hält sich konsequent ans Kollegialitätsprinzip und verärgert seine Partei.
  • SVP-Fraktionschef Aeschi behauptet, Parmelin habe gegen die Massnahmen gekämpft.
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Was passierte am Mittwoch, dem 13. Januar, im Bundesratszimmer? Darüber rätseln Politiker, Journalisten und Beobachter. Denn: Knall auf Fall hat die Landesregierung den zurückhaltenden Schweizer Weg verlassen und zum Lockdown-Hammer gegriffen.

Bundesrat Coronavirus
Bundesratssprecher André Simonazzi gewährte einen exklusiven Einblick in die Sitzung der Landesregierung. Wer dort wie gestimmt hat, bleibt indes geheim. - Twitter/@BR_Sprecher

Das erstaunt insofern, als im Siebner-Gremium die SVP und FDP zusammen eine Mehrheit stellen. Diese Parteien wehrten sich lange gegen weitere Verschärfungen des Corona-Regimes. Vor allem die FDP hat ihren Widerstand allerdings mittlerweile aufgegeben.

In ihrer Medienmitteilung schwadronieren die Freisinnigen primär über Impfungen – und vermeiden einen klaren Positionsbezug zu den Massnahmen. Das darf als starkes Indiz dafür gewertet werden, dass Karin Keller-Sutter und Arzt Ignazio Cassis den Lockdown zumindest mittragen. Gleiches dürfte für die SP-Vertreter Alain Berset und Simonetta Sommaruga sowie Mitte-Frau Viola Amherd gelten.

Nur Ueli Maurer zeigt sich «frustriert»

Kein Geheimnis aus seiner Haltung macht wie bis anhin Ueli Maurer. Ungefragt stellte er klar, dass er «frustriert» sei. Darüber nämlich, dass «seine» Staatskasse herhalten muss für weitere Milliarden-Entschädigungen wegen Corona-Massnahmen.

Der offensichtlich unterlegen Finanzminister Ueli Maurer (SVP) muss an der Pressekonferenz seinen «Frust loswerden». - YouTube/@Der Schweizerische Bundesrat

Rätsel auf gibt allerdings der neue Bundespräsident Guy Parmelin. Der SVP-Magistrat vertrat die harten Entscheide des Bundesrats an der Pressekonferenz und später auch in Interviews in landesväterlicher Manier.

Nicht einmal liess er durchblicken, dass er die Massnahmen für unnötig halten könnte. Diese seien nun unvermeidbar, stellte er wiederholt klar. Der Waadtländer, in dessen Familie es zu diversen Corona-Fällen kam, richtete sich auch an all jene, welche durch die Pandemie geliebte Menschen verloren haben.

«Der Bundesrat ist zum Schluiss gekommen, dass eine Verschärfung der Massnahmen unbedingt notwendig ist», sagt Bundespräsident Guy Parmelin (SVP) überzeugt. - YouTube/@Der Schweizerische Bundesrat

Verschiedene Medien berichteten in der Folge, dass er sich auch während der Sitzung für den Lockdown ausgesprochen habe. Damit hätte er seine Verantwortung als Bundespräsident über die Loyalität zu seiner Partei gestellt.

SVP sauer – wie hat Guy Parmelin gestimmt?

Die SVP polterte kurz nach der Pressekonferenz, der Bundesrat habe den «Bezug zur Realität verloren». Sie liebäugelt gar mit einer ausserordentlichen Session, um den Lockdown rückgängig zu machen.

Hat Sie der Auftritt von Bundespräsident Guy Parmelin (SVP) überzeugt?

Interessant dabei: Die Sünneli-Partei muss diesen an vorderster Front vertreten. Neben Maurer und Parmelin war an der Pressekonferenz mit dem Zürcher Finanzdirektor Ernst Stocker ein weiterer SVP-Vertreter auf dem Podium. Und auch National- und Ständerat werden 2021 von SVPlern präsidiert.

Dass es hier zu internen Streitigkeiten kommt, ist unausweichlich. Bereits am frühen Donnerstagmorgen schaltet sich Fraktionschef Thomas Aeschi ein.

Thomas Aeschi Guy Parmelin
Ungewohnte Intervention: SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi behauptet öffentlich, dass sich «seine» Bundesräte gegen den Lockdown eingesetzt hätten. - Twitter/@thomas_aeschi

Er dementiert, dass Guy Parmelin den Lockdown mitgetragen habe. Vielmehr hätten Parmelin und Maurer sowohl die Verlängerung wie auch die Verschärfung der Massnahmen bekämpft. Das habe er «aus erster Quelle» erfahren. Damit insinuiert er zumindest, dass einer der Bundesräte geplaudert hat.

Streit im Bundesrat droht vor Lockerungen

Diese Intervention ist ungewöhnlich. Denn die Geschehnisse im Bundesratszimmer bleiben in der Regel auch dort. Alles andere würde einem Bruch des Kollegialitätsprinzips gleichkommen. Darauf wies flugs auch Mitte-Präsident Gerhard Pfister hin.

Gerhard Pfister SVP Aeschi
Mitte-Präsident Gerhard Pfister reagiert ungehalten auf die Behauptungen von SVP-Fraktionschef Aeschi. - Twitter/gerhardpfister

Sicher ist: Die Mehrheiten im Bundesrat haben sich verändert. Und daran dürfte sich in den nächsten Wochen nichts ändern. Die Frage lautet: Ab wann setzen sich die bürgerlichen Vertreter wieder für Lockerungen ein? Der Streit wird so oder so auch in den Bundesrat zurückkehren.

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