Mietreduktion wegen Coronavirus: Ein berechtigtes Anliegen, doch die Modalitäten spalten auch Mietervertreter im Parlament. Der Zoff dauert an.
Jacqueline Badran, Nationalrätin SP. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Anders als der Ständerat will der Nationalrat 70 Prozent aller Geschäftsmieten erlassen.
  • SP-Nationalrätin Jacqueline Badran bringt den Vorstoss erfolgreich durch.
  • Sie sieht sich damit im Clinch mit SP-Ständeräten und dem Mieterverbands-Präsidenten.
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Ja, der Ständerat hat dem gestern zugestimmt. Auch mit Hilfe der SP, worüber Jacqueline Badran, selbst SP-Nationalrätin und im Vorstand des Mieterverbands, nicht eben erfreut ist.

Sie hält wenig von der Mietreduktion für Geschäfte, die wegen dem Lockdown ihre Geschäftsräume zu machen mussten. Heute feiert sie ihren Zwischenerfolg im Nationalrat umso mehr.

Jacqueline Badran, Nationalrätin SP - Nau.ch

Zwei Monatsmieten sollen wegen dem Coronavirus erlassen werden, bei allen Mieten bis 5'000 Franken. «Das löst einfach kein Problem», kritisiert Badran, denn die wirklich existentiellen Problem träten bei Mieten von Zehntausenden von Franken auf.

SP-interner Zwist beim Coronavirus

Nur: Der Präsident des Mieterverbands, SP-Ständerat Carlo Sommaruga, hat zum Vorstoss nicht nur Ja gestimmt, sondern auch noch ein flammendes Votum gehalten. Auch Sommarugas Vorgängerin und jetzige Vizepräsidäntin, SP-Ständerätin Marina Carobbio, stimmte Ja. Genau auch wie SP-Präsident Christian Levrat. Mit 24 zu 19 Stimmen spricht sich der Ständerat für den Erlass der Geschäftsmieten für zwei Monate aus.

Coronavirus Ständerat
Die SP-Ständeräte Daniel Jositsch und Christian Levrat disktutieren mit CVP-Ständerat Pirmin Bischof. - Keystone

Im Nationalrat hat der Vorschlag heute aber wenig Chancen. Kein Wunder, resümiert Badran: «Das war eine Scheinlösung, ein bisschen Zucker geben.» Aber halt immerhin mal etwas, besser als gar nichts? «Nein», sagt Badran kategorisch, «wir nehmen keinen Spatz in der Hand, wenn wir eine Lösung für alle haben, die gerecht ist!»

70-Prozent-Lösung für alle Mieter

Die sowohl vom Mieterverband wie auch GastroSuisse, Coiffeur-Verband, Fitnesscenter und weiteren unterstützte Lösung will 70 Prozent – aber für alle. 70 Prozent Mietreduktion, damit die Betriebe nicht Konkurs gehen und die Vermieter weiterhin Mieter haben. «Die 70/30-Lösung ist für rational denkende Menschen die richtige», sagt Badran.

Coronavirus SP
Jacqueline Badran (SP), hier im Gespräch mit Balthasar Glättli (GP), verzeichnet an der ausserordentlichen Session zum Coronavirus einen Erfolg. - Keystone

Ein unterschwelliger Seitenhieb gegen ihr eigenes Partei- und Verbands-Präsidium. Aber nicht nur. Auch die Bürgerlichen kriegen bei Badran ihr Fett weg. «Wie soll ich sagen», wiegelt sie ab, «im Ständerat ist halt die Immobilien-Branche im ‹Drivers Seat›.»

Badran gewinnt gegen Immo-Lobby

Viele Ständeräte seien vom Hauseigentümerverband oder von Immobilienfirmen finanziert, oder seien Besitzer von Immobilienfirmen. «Dort sieht die Welt halt wieder etwas anders aus. Dort zeigt sich halt auch wieder, dass in der Schweiz nicht wirklich für die KMUs geschaut wird. Sondern einem die eigene Tasche näher ist.»

Coronavirus Session Mieterlass
Viele Geschäfte müssen weiterhin Miete zahlen, obwohl sie nicht öffnen dürfen. Das Parlament möchte kleineren Betrieben nun helfen. Die Frage ist: Wie?(Archivbild) - sda - KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER

Zumindest vorläufig ist Jacqueline Badran aber am längeren Hebel, wenns um die Bekämpfung des Coronavirus geht. In der Wirtschaftskommission und danach im Nationalrat obsiegte sie mit der 70/30-Lösung. Die vom Ständerat abgesegnete Variante wurde dagegen versenkt – so sehr versenkt, es wurde nicht mal mehr abgestimmt.

Die Zeit drängt, einerseits für die Direktbetroffenen, andererseits, weil nur diese Woche Sondersession ist. Jetzt gilt es, den Ständerat davon zu überzeugen, dass die Nationalrats-Lösung die bessere ist.

Dazu müssten wohl ein paar eigene Schatten übersprungen werden. Was ja aber kein all zu grosses Problem sein sollte. «Rational denkende Menschen» habe es auch im Ständerat, hört man.

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