Covid-Zertifikat spaltet die Schweizer Parteien
Einige europäische Länder haben die Covid-Zertifikatspflicht ausgedehnt– nicht protest-frei. Die Forderung ist in der Schweiz ebenfalls stark umstritten.
Das Wichtigste in Kürze
- Mit der Delta-Variante steigen die Fallzahlen weltweit wieder an.
- In der Schweiz stagnieren die Impfungen, weswegen nach anderen Lösungen gesucht wird.
- Eine Ausweitung der Covid-Zertifikatsnutzung wird besprochen – und polarisiert.
In den Sonntagsmedien dominierte das Thema des Covid-Zertifikats. Spezifischer, ob dessen Nutzung aus- oder abgebaut werden soll. Nachbarländer wie Frankreich oder Italien haben auf Ersteres gesetzt, um gegen steigende Fallzahlen anzukämpfen. Aber auch, um die jüngere Altersgruppe zum Impfen zu motivieren.
Hierzulande bahnt sich Widerstand an gegen solche Vorschläge. Die Frage, wie mit einer tiefen Impfquote und ansteigenden Fallzahlen umgegangen werden soll, polarisiert auch innerhalb der Parteien.
Gehärtete Fronten in den bürgerlichen Parteien
In der SVP beispielsweise will Fraktionspräsident Thomas Aeschi alle Corona-Massnahmen, inbegriffen Covid-Zertifikat, fallen sehen.
Ganz anders sieht es Verena Herzog, die Gesundheitspolitikerin der Fraktion. Eine Ausweitung der Zertifikatspflicht könne sich die Thurgauerin nicht nur vorstellen: Sie sprach sich auch dafür aus.
Bei der Mitte und der FDP haben sich ebenfalls harte Fronten gebildet. Die rechten Flügel beider Parteien sind auf SVP-Kurs umgeschwenkt. So haben zum Beispiel Mitte-Nationalrat Alois Gmür (SZ) oder FDP-Mann Marcel Dobler (SG) auch zur Aufhebung der Massnahmen aufgerufen.
Kurt Fluri hatte ganz andere Forderungen. In den Augen des Solothurner FDP-Manns müssten ungeimpfte Covid-Patienten ihre Spitalkosten selber übernehmen. Ähnlich sieht es Mitte-Frau Ruth Humbel. Die Präsidentin der Gesundheitskommissionfindet, Menschen ohne Impfung sollten keine prioritäre Behandlung mehr erhalten, wenn sie an Covid erkranken.
Auch diese beiden Äusserungen stossen in ihren Parteien auf Widerstand. FDP-Ständerat Damian Müller hält Fluris Idee für undemokratisch, wie er in der «Sonntagszeitung» sagte. Seine Amtskollegin aus der Mitte, Andrea Gmür, lehnte die Idee ebenfalls ab. Gmür befürwortet jedoch eine Ausdehnung der Zertifikatsnutzung, um den Druck auf Ungeimpfte zu erhöhen.
Gratis-Tests bald Vergangenheit?
Die FDP als Partei schlägt indes vor, keine Gratis-Tests mehr anzubieten. So sollen vor allem junge Leute einen grossen Anreiz zur Impfung erhalten. Diese Idee hatte auch Martin Bäumle, «Corona-Papst» der Grünliberalen.
Der oberste Gesundheitsdirektor Lukas Engelberger (Mitte) hätte hier aber Bedenken. Im «Sonntagsblick» befürchtete er so einen Test-Nachlass in der jüngeren Altersgruppe. Allgemein scheinen Bund und Kantone eher eine Ausdehnung der Covid-Zertifikate zu befürworten. Aber auch nur, sobald die Hospitalisationen wieder ansteigen, was jetzt glücklicherweise noch nicht der Fall ist.
Auf der linken Seite des Parteienspektrums bleibt es verhältnismässig leise. Eine Zertifikatspflicht an weiteren Orten stösst eher auf Zuspruch innerhalb der SP, so zum Beispiel bei Fraktionschef Roger Nordmann.
Die Grünen ihrerseits konzentrierten sich in letzter Zeit eher auf die klimatischen Ereignisse und weniger auf die Corona-Politik. In der Vergangenheit plädierten sie jedoch immer wieder für strengere Massnahmen, weswegen eine Befürwortung der behördlichen Anordnungen erwartbar ist.