Cryptoleaks: Das ist die Situation in der Schweiz
Wie detailliert wusste die Schweiz, dass eine Zuger Firma Chiffriergeräte mit Hintertür für die USA verkauften? Ein alter Fall gibt in Bundesbern neu zu reden.
Das Wichtigste in Kürze
- Ein Verschlüsselungsgerät einer Schweizer Firma liess die USA geheime Gespräche mithören.
- Medien auf der ganzen Welt rollen den Fall nun neu auf – und sorgen für Nervosität.
- Schweizer Politiker fordern Aufklärung. Doch wie brisant ist der Fall wirklich?
Die Affäre tönt nach einem Spionage-Thriller aus den 80er-Jahren. Doch es ist die unglaubliche Wahrheit. Über Jahrzehnte verkaufte die Zuger Firma Crypto AG Chiffriergeräte in die halbe Welt.
Diese waren mit einer Hintertür versehen – Schlapphüte in den USA und Deutschland lasen geheime Kommunikation anderer Staaten mit. Ein Skandal. Auch einer für die schweizerische Regierung?
Vorwürfe sind seit Jahren bekannt
Gemäss Dokumenten, die der «Washington Post» vorliegen, wussten hochrangige Beamte im Schweizer Nachrichtendienst Bescheid. Auch «Schlüsselpersonen» in der schweizerischen Regierung seien informiert gewesen.
Obwohl die Story nicht wirklich neu ist – der «infosperber» oder die «Aargauer Zeitung» etwa schrieben bereits 2015 ausführlich darüber –zeigen sich Schweizer Politiker nun alarmiert. Grünen-Fraktionschef Balthasar Glättli fordert gegenüber «SRF» gar eine Parlamentarische Untersuchungskommisson (PUK).
Das mögliche Mitwissen der Schweiz unterminiere deren guten Dienste in der ganzen Welt. «Das ruft nach Aufklärung. Und ich glaube kaum, dass das anders passieren kann als durch eine parlamentarische Untersuchungskommission», so Glättli.
Auch bürgerliche wollen die Spionage-Affäre unter die Lupe nehmen. FDP-Ständerat Thierry Burkart fordert via Twitter eine «schonungslose Aufklärung».
Jetzt ist die schonungslose Aufklärung durch die interdepartementale Arbeitsgruppe des Bundes gefragt. Ob parlamentarischer Handlungsbedarf besteht, wird man danach beurteilen müssen. #cryptoleaks #srfrundschau @SRF @FDP_Liberalen https://t.co/elYMZYVq0N
— Thierry Burkart (@ThierryBurkart) February 11, 2020
Ob es parlamentarischen Handlungsbedarf gebe, werde man erst später abschätzen können.
Kalter Kaffee oder Gefahr für die Schweiz?
Gemäss den Online-Medien der TX-Group diskutierte der Bundesrat in den letzten Monaten «mindestens dreimal» über die Crypto-Affäre. Mit dem ehemaligen Bundesrichter Niklaus Oberholzer (66) wurde gar ein Untersuchungsbeauftragter eingestellt.
Auch wenn die Grund-Geschichte längst bekannt ist: Durch den neu entwickelten medialen Druck dürften einige aktuelle und vor allem ehemalige Politiker nervös werden. Wie grosse Kreise die Affäre noch zieht – und ob die Schweiz einen Schaden davon trägt – dürften die nächsten Tage und Wochen zeigen.