Was, wenn Daniel Jositsch in den Bundesrat gewählt worden wäre?
Nach den Bundesratswahlen hielt sich der «wilde Kandidat» Daniel Jositsch bedeckt: Jetzt spricht er über Bundesratsticket, Instruktionsverbot und Wahlfreiheit.
Das Wichtigste in Kürze
- Bei den Bundesratswahlen hat Daniel Jositsch erneut für reichlich Gesprächsstoff gesorgt.
- Der SP-Ständerat steht nicht auf dem Ticket, vereint aber zahlreiche Stimmen unter sich.
- Den Druck auf das Ticket erachte er als «an der Grenze der verfassungsmässigen Ordnung».
Bei den Bundesratswahlen am vergangenen Mittwoch sorgte neben der Stadtbasler Rückkehr in die Landesregierung primär ein Mann für reichlich Gesprächsstoff: Ein «wilder Kandidat» in der Person von Daniel Jositsch.
Der Zürcher SP-Ständerat bleibt sitzen – und erreicht in sämtlichen Wahlgängen deutlich mehr Stimmen als sein «offizieller» Kontrahent Jon Pult. Unter der Bundeshauskuppel sorgt dies für rote Köpfe, innerhalb der sozialdemokratischen Reihen für reichlich Spannung.
Daniel Jositsch hätte Sitzungsunterbruch verlangt
In der Gesprächsrunde im «SonnTalk» auf «TeleZüri» bricht der Sozialdemokrat sein Schweigen und erklärt seine kleine Rebellion. «Ich habe das mit der Co-Präsidentin der Fraktion zwei Tage vor der Wahl besprochen: Samira Marti und ich sind beide davon ausgegangen, dass es eine gewisse Stimmenanzahl geben würde.» Gleichzeitig hätten sie erwartet, dass dieselbe nicht im Bereich der notwendigen 124 Stimmen liegen würde.
«Wenn dieser Fall trotzdem eingetreten wäre, hätte ich höchstpersönlich einen Sitzungsunterbruch verlangt. Dann hätten wir mit der Fraktionsspitze die Situation analysieren müssen und schauen, wie wir weiterfahren», so Daniel Jositisch.
«Bundesversammlung ist frei in ihrer Wahl»
Gleichzeitig gibt der Strafrechtsprofessor zu bedenken: «Gemäss Verfassung ist die Bundesversammlung frei in ihrer Wahl.» Ferner gelte das «Instruktionsverbot» – jedes Parlamentsmitglied müsse die Verantwortung übernehmen, eine «möglichst optimale» Landesregierung zu wählen.
«Das muss so sein», erklärt Jositsch: «Das war einer der Gründe, weshalb ich nicht aufgestanden bin. Hätte ich das gemacht, wäre das Ticket von dem Moment an quasi zum Dogma geworden.»
«An der Grenze der verfassungsmässigen Ordnung»
Der Zürcher erachte es als «befremdlich», dass jenseits der Konkordanz ein derartiger Druck auf das Ticket aufgebaut werde: «Das ist für mich an der Grenze der verfassungsmässigen Ordnung in unserem Land. Ich bin strikte dagegen, dass die vorgesehene verfassungsmässige Ordnung dermassen ausgehebelt wird!»
Er sei überzeugt, dass auch viele andere Mitglieder der Bundesversammlung mit ihm einverstanden seien. Darüber hinaus geschähen solche Dinge in allen Parteien: «Ich habe mit meiner Fraktion schon verschiedentlich ausserhalb des Tickets gewählt, weil wir mit den offiziellen Kandidaten nicht einverstanden waren.»
Daniel Jositsch ist überzeugt: «Das Ticket ist ein Vorschlag der Fraktion, den man wohlwollend prüft. Aber wenn offenbar ein Drittel der Bundesversammlung nicht einverstanden ist, dann muss sie diese Freiheit haben.»
Ob dies bedeute, dass er eine allfällige Wahl angenommen habe, lässt Daniel Jositsch dennoch offen: «Ich habe gesagt, ich hätte mit der Partei die Situation analysiert.»