Sitznachbar von Daniel Jositsch: «Die Atmosphäre ist ein wenig kalt»
Während der Bundesratswahlen sorgte Daniel Jositsch mit seinem Schweigen für Ärger bei der SP. Auch einen Tag danach herrscht eisige Stimmung in der Fraktion.
Das Wichtigste in Kürze
- Während der Bundesratswahlen erhielt Wildkandidat Daniel Jositsch bis zu 70 Stimmen.
- Der Zürcher Ständerat schwieg dazu lediglich und verärgerte damit seine Fraktion.
- Ein Gespräch mit Jositsch ist nötig, finden die meisten in der SP. Das Vertrauen ist weg.
Daniel Jositsch. «Ah, wer ist das?», heisst es in der SP-Fraktion heute. Jositsch ist seit gestern zur Persona non grata geworden.
Fragen zu Jositsch werden, anders als gestern, nicht einfach abgewunken. Der Sitznachbar des Zürchers, Carlo Sommaruga (GE), äussert sich offen gegenüber von Nau.ch.
«Jositsch stellt seine eigenen Ambitionen über die SP»
Darauf angefragt, wie die Stimmung zwischen den beiden Ratskollegen sei, antwortet Sommaruga: «Ein bisschen kalt.» Die SP-Ständeratsmitglieder seien «sehr enttäuscht» und hätten kein Verständnis für Jositschs Verhalten.
Ebenfalls unverständlich seien die Entschuldigungen und Rechtfertigungen während der Kandidierenden-Tournee gewesen, findet Sommaruga: «Er hat immer gesagt, er habe vielleicht einen Fehler gemacht bei der letzten Wahl. Und wir haben gesehen, dass er es in dieser Wahl wieder getan hat.»
Das Vertrauen sei jetzt weg. «Jositsch stellt seine eigenen Ambitionen über das Kollektiv der SP, über andere Interessen. Das ist problematisch.»
Zürcher SP-Präsidentin Seiler Graf: «War auch irritiert»
Priska Seiler Graf, Präsidentin der Zürcher SP-Sektion, spricht auch offen über das Befinden in der Fraktion. Seiler Graf hatte Jositsch nach dem Bundesratswahlfiasko letzten Jahres als erneuten Kandidaten unterstützt: Bis aufs Ticket der Fraktion reichte es nicht, aber die Präsidentin weibelte stark für den Zürcher Ständerat.
Im Nau.ch-Interview erklärt Seiler Graf, sie habe nach dem ersten Wahlgang gesagt: «Wenn im zweiten Wahlgang ähnliche Stimmenverhältnisse da sind, erwarte ich, dass Daniel Jositsch nach vorne geht. Und sagt: ‹Ich stehe nicht zur Verfügung.›»
Dass Jositsch es nicht gemacht habe, habe Seiler Graf auch irritiert, sagt sie. Man werde jetzt das Gespräch mit ihm suchen. Was daraus resultieren wird, sei ungewiss.
«Es hat gerumpelt», meint auch Seiler Graf. «Viele haben es als Vertrauensbruch empfunden.» Eine andere Option als Zusammenarbeiten gebe es aber nicht. Einen Austritt oder Ausschluss aus der SP bringe weder dem Ständerat noch der Partei etwas.
Ob ein Gespräch von Nutzen sei, kann auch Carlo Sommaruga nicht sagen. Aber: Es sei ganz wichtig, dass das Präsidium mit «Dani» zusammensitze.