Luftwaffe

Darum plant die Luftwaffe Kampfjet-Starts auf der A1

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Bern,

Im Juni soll während 36 Stunden ein Autobahn-Abschnitt zum Militärflugplatz umfunktioniert werden. Eine Übung mit ganz bestimmtem Hintergrund.

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Luftwaffe plant Kampfjet-Starts und -Landungen auf der Autobahn A1.
  • Solches hat sie seit drei Jahrzehnten nicht mehr gemacht.
  • Was steckt dahinter und was für Bedingungen müssen erfüllt sein?

Anfang Juni plant die Luftwaffe der Schweizer Armee eine Übung auf der Autobahn A1. Der Bundesrat hat die dafür nötige Sperrung während 36 Stunden gestern bewilligt. Hier die fünf wichtigsten Fragen und Antworten zu diesem aussergewöhnlichen Vorhaben.

Klingt cool, aber warum genau macht das die Luftwaffe?

Während andere Truppenteile mobil sind und dezentral operieren können, sitzt die Luftwaffe auf ihren drei Flugplätzen Payerne, Emmen und Meiringen. Hinzu kämen theoretisch noch die Lufttransport-Standorte in Dübendorf, Alpnach und Locarno.

F/A-18 Luftwaffe Payerne
Ein F/A-18-Kampfjet der Schweizer Luftwaffe startet mit Nachbrenner, am 15. September 2015 auf dem Flugplatz Payerne VD. - keystone

Geeignet wären auch ehemalige, mittlerweile zivil genutzte Militärflugplätze – oder eben Autobahnabschnitte als Ausweich-Standorte. Daran wurde beim Bau bereits gedacht: Einige Streckenteile sind extra so gebaut, dass sie als Not-Piste für Kampfjets genutzt werden können.

Was für Bedingungen muss denn eine Autobahn erfüllen, damit Starts und Landungen möglich sind?

Die betreffende Strecke muss rund einen Kilometer gerade verlaufen und frei von Hindernissen sein. Sind allfällige Brücken genügend hoch (auch das wurde bei der Planung berücksichtigt), können die Kampfjets hingegen auch darunter durchfahren.

Tiger F5 Luftwaffe Autobahn
Ein Tiger F5 landet mit Bremsschirm auf einem Autobahnabschnitt während einer Übung in den 80er-Jahren. - VBS/DDPS

Die Leitplanken beim Mittelstreifen müssen leicht entfernt werden können. Mittelstreifenbepflanzung ist ungünstig, weil dann nur mit baulichen Massnahmen eine Nutzung als Piste möglich wäre.

Was halten Sie davon, dass die Luftwaffe auf der Autobahn A1 temporär Starts und Landungen üben will?

Das Verkehrsaufkommen sollte eher klein und Umfahrungsmöglichkeiten vorhanden sein. Ganz unabhängig von all dem ist ein sauberer Belag wichtig, denn die Flugzeug-Triebwerke saugen sonst den Staub ein.

Warum wurde gerade dieses Teilstück der A1 ausgesucht?

Im Fall des aktuell ausgesuchten Streckenabschnitts zwischen Payerne und Avenches profitiert die Luftwaffenlogistik vom nahen Flugplatz Payerne. Das ist zwar keine zwingende Voraussetzung. Doch im unwahrscheinlichen Fall eines Vorkommnisses wäre es so möglich, die Autobahn rasch wieder freizugeben, heisst es bei der Armee.

Autobahn A1 Payerne Luftwaffe
Der fragliche Abschnitt der Autobahn A1 in der Nähe des Flugplatzes Payerne VD. - Screenshot Google Streetview

Das Teilstück wurde bereits beim Bau 1995 für den Einsatz von Kampfflugzeugen vorgesehen und vorbereitet: Die Leitplanken sind schnell montier- und demontierbar, der Deckbelag wurde vor 10 Jahren erneuert. Werktags verkehren rund 23'500 Fahrzeuge, was im Vergleich für die A1 eher wenig ist.

Was hat die Übung mit der aktuellen Bedrohungslage in Europa zu tun?

Anhand des Ukraine-Kriegs hat man gesehen, wie wichtig es für die Luftwaffe ist, Ausweichmöglichkeiten zu haben. Zwei, drei Bombenkrater, und schon ist der ganze schöne Flugplatz vorübergehend unbrauchbar und die Kampfjets bleiben am Boden. Weil, wie eingangs erwähnt, die Luftwaffe auf einige wenige Standorte konzentriert ist, macht sie dies für weitreichende Waffensysteme verwundbar.

Gerade in der Ukraine hat man aber auch gesehen, dass eine entsprechende Vorbereitung elementar ist. Wie in der Schweiz wurden dort schon zu sowjetischen Zeiten Autobahnen als Ersatz-Pisten angedacht. Nicht immer sind die Manöver glimpflich verlaufen, wie in online kursierenden Videos zu sehen ist. So ist in einem Fall ein Strassenschild gerade eben noch an der Triebwerksverkleidung einer Su-27 hängengeblieben.

Nun habe sich die Sicherheitslage in Europa in den letzten Jahren weiter verschlechtert. So wie in den 70er- und 80er-Jahren, zu Zeiten des Kalten Kriegs: Die Luftwaffe will diese Not-Szenarien nun auch aktiv trainieren.

Welche Flugzeugtypen werden beübt – und kann man zuschauen?

Die Luftwaffe kündigt an, dass die Übung «Alpha Uno» Starts und Landungen mit Kampfflugzeugen des Typs F/A-18 beinhalte. Daraus lässt sich zweierlei herauslesen: Erstens dürfte ein grosser Teil der Übung nicht aus Kampfjet-Starts bestehen, sondern aus deren Vorbereitung mit allem Personal und Material.

Autobahn Landung Kampfjet Münsingen
1982 starteten und landeten beim Abstellplatz Windrose in Münsingen BE Militärflugzeuge der Typen Hunter F.Mk.58, Tiger F-5E und Pilatus P-3. - VBS/DDPS

Zweitens werden weder das Auslaufmodell Tiger F5 noch die noch gar nicht beschafften neuen F-35 Teil der Übung sein. Was Sinn macht, weil, siehe oben, der effektive Start wohl nur das Tüpfelchen aufs «i» des ganzen Manövers sein dürfte.

Für Aviatik-Fans wird es schwierig, etwas davon zu sehen, heisst es auf Anfrage. Getestet werde nämlich im Rahmen eines WKs: «Aufgrund der Platzverhältnisse ist es nicht möglich, den Test aus der Nähe zu beobachten.»

Kommentare

User #5296 (nicht angemeldet)

Brauchen die Jets auch eine Vignette?

User #4944 (nicht angemeldet)

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