Der Bund «vergleicht» Gesichtsbilder – und das ist gut so
Der Bund finanziert ein System zum «Gesichtsabgleich». Warum denn nicht grad «Gesichtserkennung»? Ein Kommentar.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bund spendiert dem Fingerabdrucksystem einen Gesichtsbildabgleich.
- Der Bundesrat betont, dies sei keine Gesichtserkennung.
- Die Behörden können also weniger als ein Smartphone. Ein Kommentar.
Das Fingerabdrucksystem «Afis» des Bundesamts für Polizei (Fedpol) wird modernisiert: Der Bundesrat hat knapp 25 Millionen Franken bewilligt. Das System soll bis 2026 erneuert und um ein Modul erweitert werden, das den Gesichtsbildabgleich ermöglicht. Das Schrillen der Alarmglocken bei Datenschützern und Privatsphäre-Geheimniskrämern hat der Bundesrat schon von weitem gehört. Er behauptet deshalb: Alles halb so wild, wir wollen ja nur spielen.
«Abgleich» ist nicht «Erkennung»
In einem Präventiv-Dementi stellt der Bundesrat klar: Es gehe nicht um Gesichtserkennung. Sondern einzig und allein um das Abgleichen von Gesichtern von Verdächtigen mit solchen, die bereits in der Datenbank seien. Ausgeschlossen seien aber Bilder von Ausweisen, oder, uiuiui, gar von sozialen Netzwerken.
Also analog zu den Fingerabdrücken und DNA-Spuren: Wenn nicht schon mal biometrische Daten durch die Polizei erfasst wurden, wird auch nichts abgeglichen. Wer sein Antlitz nicht schon im Gesichtsbuch des Fedpol verewigt hat, wird nicht gefunden. Obwohl, apropos «Gesichtsbuch», man das ja easy könnte. Und im Ausland auch tut.
Erkenne die Erkenner!
Der Bund auferlegt sich hier Schranken, die man als Privatperson bereits ohne IT-Knowhow umgehen kann. Gesichtserkennung dient bei Cloud-Angeboten wie «Google Photos» als Organisier-Hilfe. Die Gesichtserkennung bei Facebook ist so gut, sie musste abgeschaltet werden. Bilder-Software wie Picasa oder Adobe Lightroom haben die Gesichtserkennung integriert.
Der Bund stellt sich blind und tut so, als reichten 25 Millionen Franken knapp für die Basics. Obwohl selbst ein Smartphone ungefragt «Rückblicke» erstellt mit den besten Bildern des Sprösslings von vorletztem Jahr. Korrekt betitelt, weil aus unerfindlichen Gründen dem Gesicht bereits ein Name zugeordnet ist. Von kostenlosen und kostenpflichtigen Online-Angeboten einmal ganz abgesehen.
Erkenntnis ist der erste Schritt zur Besserung
Der polnische Anbieter Pimeyes ist deswegen bereits ins Visier der Behörden geraten. Hunderte Millionen Gesichter soll er gespeichert und analysiert haben, gefunden wird praktisch alles. Wer das Angebot intensiv nutzen will, zahlt auch. Aber eine kleine Fahndung auf sozialen Netzwerken kostet nicht alle Welt – und niemand fragt, ob man Polizist sei.
Oder die Website «PicTriev», die Gesichter nach deren Ähnlichkeiten beurteilt sowie Geschlecht und Alter erkennt. So stellt sich heraus, dass der Fake Mug Shot von Donald Trump zu 76 Prozent wie Donald Trump aussieht. Als rüstiger Rentner wird Trump auf 56 Jahre geschätzt und er gleicht zu 13 Prozent Hollywood-Legende Clint Eastwood, zu 9 Prozent Crime-Schönling Pierce Brosnan.
Der Schreibende dagegen schafft es nur gerade zu 4 Prozent Tom Hanks. Grösste Ähnlichkeit (21 Prozent) weist er mit dem ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Schimon Peres auf. Gefolgt von stolzen 16 Prozent Ähnlichkeit mit dem für seine herausragende Physiognomie berühmten Gérard Depardieu. Ausserdem soll er nur knapp jünger als Donald Trump sein.
Ich erkläre hiermit, dass ich die Gesichtserkennungspolitik des Bundesrats voll und ganz unterstütze.