Der Bundesrat muss Hass-Kommentare auf Instagram tolerieren
Der Bundesrat will moderner sein und jüngere Schweizerinnen und Schweizer erreichen. Deswegen ist er neu auf Instagram. Und erhält nicht nur nette Kommentare.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat ist seit einigen Tagen auf Instagram mit einem eigenen Konto.
- Viele Personen posten unter den Bildern auch Beleidigungen sowie Kritik.
- Die Bundeskanzlei löscht diese nicht und verweist auf die Meinungsäusserungsfreiheit.
Der Bundesrat möchte mehr junge Menschen erreichen. Denn diese lesen grossmehrheitlich keine Zeitung und sitzen am Abend nicht für die Tagesschau vor dem Fernseher.
Hoch im Kurs steht bei vielen Instagram. Am 10. Oktober hat der Bundesrat deswegen ein Konto auf der App eröffnet. Auf «gov.ch», wie das Bundesratskonto heisst, wird über die Energiekrise, den Krieg in der Ukraine oder Sitzungen der Exekutive informiert.
Schon über 44'000 Personen folgen dem Konto, die Beiträge erhalten regelmässig Likes und Kommentare. Der allererste Post etwa wurde 2145-mal gelikt und 116-mal kommentiert.
«Armselig», «Bundesratten» und Clown-Emojis
Nur sind diese Kommentare nicht immer positiv. Wutbürgerinnen und -bürger lassen ihrem Ärger unter den Bildern der Landesregierung freien Lauf. So schreibt ein Nutzer «Bundesratten, Rücktritt wann?»; ein anderer nennt die Regierungsmitglieder «minables», was auf Deutsch so viel heisst wie «armselig».
Ein anderer Romand benutzt Emojis, um die Bundesratsmitglieder als Clowns zu bezeichnen. Häufig machen sich Kritiker auch darüber lustig, dass es zehn zusätzliche Stellen gebraucht habe, um das Konto zu betreiben. So etwa von einem Berner Jungfreisinnigen. Das stimmt jedoch nicht ganz.
Vize-Bundeskanzler André Simonazzi hat diesbezüglich festgehalten: Für die neue Social-Media-Strategie des Bundes seien die zehn Stellen geschaffen worden. Sechs Personen arbeiteten je in einem Departement, vier in der Bundeskanzlei.
Meinungsäusserungsfreiheit muss gewährleistet bleiben
Die Bundeskanzlei reagiert auf Anfrage gelassen. «Die Behörden müssen in allem, was sie tun, die Meinungsäusserungsfreiheit gewährleisten», sagt Kommunikationsleiter Urs Bruderer. Deswegen würden auch «provozierende, schockierende oder beunruhigende Äusserungen» geschützt.
Eingreifen würde das Social-Media-Team nur, wenn ein Straftatbestand vorliege, so Bruderer. Etwa so, wie während der Corona-Pandemie, als die Bundesratsmitglieder Morddrohungen ausgesetzt waren. Aber auch ehrverletzende oder verleumdende Kommentare könnten strafrechtlich verfolgt werden.
Bei Kritik zur Neutralitätspolitik oder anderen Belangen würde das Team nicht antworten: «Bei vielen dieser Kommentare steht eher das Motiv im Vordergrund, seine Meinung kundzutun, als der Wunsch nach einem Austausch.» Falls aber Kommentare aus Interesse an einem sachlichen Austausch vorlägen, behalte es sich das Team vor, zu reagieren.