Abstimmung

Doppelter Lohn für Zürcher Gemeinderäte? Ökonom kritisch

Nicola Aerschmann
Nicola Aerschmann

Zürich,

In der Stadt Zürich kommt am Sonntag eine Lohnerhöhung für die Gemeinderäte vors Volk. Macht das Sinn? Ökonom Reiner Eichenberger ordnet ein.

Zürich Gemeinderat
Der Zürcher Gemeinderat soll mehr Lohn erhalten – eine entsprechende Vorlage kommt am Wochenende vors Volk. - keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Die Zürcher Stadtbevölkerung befasst sich am Sonntag mit der Parlamentarier-Entschädigung.
  • Mitte-Links spricht sich für die Fast-Verdopplung aus – FDP und SVP sind dagegen.
  • Wirtschaftsprofessor Reiner Eichenberger sieht die Vorlage ebenfalls kritisch.

Am 9. Februar ist Abstimmungssonntag. National entscheidet das Stimmvolk lediglich über eine Vorlage, über die Umweltverantwortungsinitiative der Jungen Grünen.

Daneben gibt es jedoch auch auf Kantons- und Gemeindeebene Abstimmungen. Eine, die für besonders viel Aufsehen sorgt, betrifft die Stadt Zürich. Und zwar geht es um die Entschädigungen für die Gemeinderäte, die deutlich erhöht werden sollen.

Nach Angaben der Stadt Zürich beträgt das Pensum für dieses Amt rund 30 Prozent. Heute erhält ein Ratsmitglied dafür pro Jahr rund 16'000 Franken. Mit der neuen Abgabe wären es rund 28'000 Franken.

Dazu wird die Art der Berechnung teilweise geändert. Die Sitzungsgelder für den Gemeinderat werden neu gemäss einem Minutenansatz ausgezahlt. Genauso wie die Gelder für Kommissionssitzungen.

Mitte-Links ist dafür – ergreift aber selbst das Referendum

Mitte-Links befürwortet die Vorlage, die im Gemeinderat selbst ebenfalls eine Mehrheit erreichte. Wegen der Inflation, der zunehmenden Komplexität der Geschäfte und des gestiegenen Aufwands sei die Erhöhung angemessen.

Sollten Politiker für ihre Tätigkeit Geld verdienen?

Dagegen sind die rechtsbürgerlichen Parteien FDP und SVP. Für sie ist die Beinahe-Verdopplung masslos und widerspricht dem Gedanken des politischen Milizsystems.

Der Grund, weshalb es überhaupt zu einer Abstimmung kommt, scheint zunächst kurios. Die befürwortende Mitte-Links-Mehrheit hat nämlich selbst das Referendum gegen den Beschluss des Gemeinderats ergriffen. Das Parlament sollte nicht abschliessend über eine eigene Lohnerhöhung entscheiden, so die Erklärung.

Ökonom: Erhöhung der Effizienz wäre sinnvoller

Wie kann man die Vorlage aus ökonomischer Sicht einordnen? Reiner Eichenberger, Wirtschaftsprofessor an der Universität Freiburg, nimmt gegenüber Nau.ch Stellung.

Zunächst betont Eichenberger, dass es in den Parlamenten «fähige Persönlichkeiten» brauche. Dafür müsse die Tätigkeit attraktiver sein als heute. Das Finanzielle sei in dieser Hinsicht aber nur einer von mehreren Aspekten.

Reiner Eichenberger
Reiner Eichenberger ist ordentlicher Professor für Theorie der Finanz- und Wirtschaftspolitik an der Universität Freiburg. - Universität Freiburg

Daneben nennt Eichenberger drei Punkte, die ebenso wichtig sind: «Insgesamt weniger Zeitaufwand», «mehr Effizienz im Parlamentsbetrieb» und «keine kleinliche Abrechnerei».

Laut dem Ökonomen hat die nun vorliegende Erhöhung der Entschädigungen diesbezüglich ein Problem. Sie verbessere nur die finanzielle Anerkennung, aber verschlimmere die Situation bei den anderen drei Punkten.

Wie hoch die Belastung für die Parlamentarier ausfällt, hänge stark von der Effizienz des Ratsbetriebs ab. Für Eichenberger ist deshalb klar: «Statt die Entschädigungen so extrem zu erhöhen, hätte viel ernsthafter versucht werden müssen, die Effizienz des Ratsbetriebs zu erhöhen.»

«Minütele» schafft falsche Anreize

Dass Politiker in einem Milizsystem Geld erhalten, ist für Eichenberger unbestritten. «Entscheidend ist aber eben, wie bezahlt wird», so der Wirtschaftswissenschaftler. Das sogenannte «Minütele», wie es die neue Vorlage vorsieht, sei «völlig unpassend».

«In einer guten Unternehmung kämen die Aktionäre niemals auf die Idee, ihre Manager nach Minuten zu bezahlen.» So würden letztlich falsche Anreize gesetzt. Die Arbeit werde eher aufgebläht, statt effizient erledigt.

Taschenrechner
Eine minutengenaue Kalkulation des Aufwands für das Parlamentsmandat ist aus ökonomischer Sicht wenig sinnvoll. - pixabay

Gleichzeitig betont Eichenberger aber, dass man bei Vergleichen zwischen Privatwirtschaft und Staat aufpassen muss. Das Argument der Gegner, dass ein Unternehmen den Lohn auch nicht einfach so verdoppeln kann, ist für Eichenberger wenig sinnvoll.

Die entscheidende Frage sei vielmehr, «ob die Entschädigungen zu besserer oder schlechterer Politik führen». Hier sieht der Ökonom die Vorlage aus den bereits genannten Gründen kritisch: «Dummerweise dürfte die Zürcher Vorlage längerfristig zu schlechterer Politik und damit zu sehr hohen Mehrkosten führen.»

Kommentare

User #6235 (nicht angemeldet)

Fraglich ob sie dann auch besser arbeiten. Eigentlich könnt man die Hälfte er Leute eh einsparen!!!!! Das meiste ist ja nur blabla und bringt nix!

User #1286 (nicht angemeldet)

Die Wähler wählten so. Bitte bei der nächsten Wahlen das Kreuz an der gleichen Stelle. S chunt guet, unser freier Fall.

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