Ermittler sollen DNA-Spuren gezielt auswerten dürfen
Der Bundesrat will mit der Revision des DNA-Profilgesetzes die Phänotypisierung bei der Fahndung erlauben.
Das Wichtigste in Kürze
- Heute darf einzig das Geschlecht aus einer DNA-Probe bestimmt werden.
- Künftig sollen aus den Proben mehr ausgelesen werden dürfen.
Ermittler sollen künftig anhand einer DNA-Spur das wahrscheinliche Erscheinungsbild eines Täters oder einer Täterin auswerten dürfen. Der Bundesrat will die sogenannte Phänotypisierung bei der Fahndung erlauben.
«Heute spricht eine DNA-Analyse nicht zu den Ermittlern», sagte Justizministerin Karin Keller-Sutter am Mittwoch vor den Medien. Einzig das Geschlecht dürfe aus einer DNA-Probe bestimmt werden. Ansonsten sei es nur möglich zu prüfen, ob eine DNA-Spur einen Treffer zu einer Person oder einem anderen Kriminalfall liefert.
Künftig sollen aus den Proben mehr ausgelesen werden dürfen. Dazu gehören etwa auch die Haar-, Augen-, Hautfarbe sowie das Alter und die biogeografische Herkunft der Person. Damit kann ein mögliches äusseres Bild einer Person bestimmt werden, ähnlich, wie es ein Augenzeuge macht.
«Ein vollständiges Phantombild wird nicht möglich sein», betonte Keller-Sutter. Zudem sind der Methode Grenzen gesetzt, da die Merkmale nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit zutreffen.
Trotzdem würde sie den Ermittlern helfen. In Kombination etwa mit Zeugenaussagen gebe dies ein schärferes Bild einer Person. So könne der potenzielle Täterkreis früher eingegrenzt werden. Zudem könnten Unschuldige ausgeschlossen werden.
Mord, Vergewaltigung, schwerer Raub
Der Bundesrat hat den Entwurf über die Anpassung des DNA-Profilgesetzes am Mittwoch in die Vernehmlassung geschickt. Die Methode soll demnach nur bei Verbrechen angewendet werden dürfen. Das heisst bei Straftatbeständen, welche mit einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren bestraft werden. Dazu gehören etwa Mord, Vergewaltigung, schwerer Raub oder Geiselnahme.
Anordnen muss sie die Staatsanwaltschaft. Bei Vergehen wie Sachbeschädigung wird die Methode nicht zugelassen. Die Erkenntnisse dürfen zudem in einem Prozess nicht als Beweis verwendet werden. Sie dürfen auch nicht im System gespeichert werden, sondern dürfen nur der Ermittlung und Fahndung dienen.
DNA Probe bleibt im System
Wenn der Fall abgeschlossen ist, müssen die Daten über das mögliche Aussehen einer Person wieder gelöscht werden. Die DNA-Probe an sich bleibt jedoch weiterhin im System.
Der Bundesrat erfüllt mit der Gesetzesänderung einen Auftrag aus dem Parlament. Der Auftrag ergab sich aus einer Motion von Nationalrat Albert Vitali (FDP/LU). Er überwies die Motion nach der brutalen Vergewaltigung einer jungen Frau in Emmen LU im Sommer 2015.
Die Gesetzesänderung stösst aber auch auf Widerstand. Die Gegner warnen etwa vor falschen Verdächtigungen: Suche die Polizei einen Mann mit blauen Augen und braunen Haaren, seien plötzlich alle Männer mit blauen Augen und braunen Haaren verdächtig.
Suche nach Verwandten im System
Weiter soll mit der Revision des DNA-Profilgesetzes eine gesetzliche Grundlage für den sogenannten Verwandtenabgleich geschaffen werden. Dieser käme zum Einsatz, wenn ein regulärer Suchlauf mit einem DNA-Profil aus einer Tatortspur keinen exakten Treffer im System liefert. Dann kann mit einer erweiterten Suche geprüft werden, ob im System Profile sind, welche zum gesuchten Profil eine nahe Verwandtschaft aufweisen. Diese geben den Ermittlern neue Ansätze.
Solche Recherchen dürfen gemäss eines Bundesgerichtsentscheids aus dem Jahr 2015 bereits angeordnet werden. Der Bundesrat will sie nun explizit im Gesetz verankern, um die Lücke in der gesetzlichen Grundlage zu schliessen. Angeordnet werden dürfen sie nur von der Staatsanwaltschaft und bei schweren Verbrechen.
Mit der Revision will der Bundesrat zudem die Fristen für das Löschen von DNA-Profilen vereinfachen. Heute hängen die Fristen von unterschiedlichen Faktoren ab, etwa auch vom Verhalten des Verurteilten im Strafvollzug, etwa bei frühzeitiger Entlassung.
Dies stellt die Kantone vor administrative Herausforderungen. Neu soll die Frist für das Aufbewahren des DNA-Profils eines Täters bereits im Urteil festgelegt werden.