Erstärkte Bauern im Nationalrat: Wie geht es weiter?
Im neu zusammengesetzten Parlament fällt vor allem eines auf: Der Anteil der Landwirtinnen und Landwirte ist gewachsen. Bauernpräsident Ritter freut sich.
Das Wichtigste in Kürze
- Elf neue Landwirtinnen und Landwirte wurden vor einer Woche in den Nationalrat gewählt.
- Damit wurden die zurückgetretenen Bauern und der abgewählte Bauer mehr als ersetzt.
Die Bauernlobby ist eine mächtige Kraft im Parlament. Nach den Wahlen 2023 ist sie noch mächtiger geworden: Elf neue Nationalratsmitglieder sind in der Landwirtschaft tätig oder haben eine Ausbildung als Bauer beziehungsweise als Bäuerin absolviert.
Alle bisherigen landwirtschaftsnahen Abgeordneten wurden wiedergewählt – mit einer Ausnahme: dem Meisterlandwirt aus der Mitte, Heinz Siegenthaler. Der Berner konnte seinen Sitz ausgerechnet in jenem Kanton nicht verteidigen, in dem fast ein Drittel der Nationalratsmitglieder Bauern sind: Bern.
Die Bernerinnen und Berner haben drei neue Landwirte gewählt beziehungsweise einer ist für Ständerat Werner Salzmann nachgerutscht. Auch in der Waadt, im Jura, in Luzern, Neuenburg und Zürich konnten die Landwirtschaftsvertretenden zulegen. Die allermeisten sind in der SVP Mitglied; nur einer ist in der Mitte zu Hause.
Der letzte FDP-Bauer ist zurückgetreten; die zwei Landwirtschafts-Grünen aus Bern wurden wiedergewählt. Diese sind aber agrarpolitisch oft nicht mit ihren bürgerlichen Kolleginnen und Kollegen einverstanden.
Doch der Bauernverband zählt dreizehn andere, mit der Landwirtschaft verbundene Politikerinnen und Politiker: so etwa Maya Graf (Grüne/BL) oder Christine Bulliard-Marbach (Mitte/FR), die einen eigenen Landwirtschaftsbetrieb haben, aber nicht gelernte Bäuerinnen sind. Oder auch Önologin Simone de Montmollin (FDP/GE), Fleischfachmann Mike Egger (SVP/SG) und Charles Julliard (Mitte/JU), Verwaltungsrat für «Schweizer Hagel».
«Grosser Vertrauensbeweis»: Bauernverband dankbar
Der Bauernverband hat selbstverständlich Freude. Mitte-Nationalrat Markus Ritter (SG), der Präsident des Verbands, hat die Wiederwahl auch geschafft. Er sagt gegenüber Nau.ch: «Die Resultate sind einmal mehr ein grosser Vertrauensbeweis der Schweizer Bevölkerung für unsere Landwirtschaft.»
Nebst den Gewählten seien auch viele Personen aus der Landwirtschaft auf den Ersatzplätzen gelandet, so Ritter. Das verdankt der Bauernverband jedoch nicht nur den Stimmberechtigten: Wie Ritter in einer Mitteilung schreibt, habe sich der Schulterschluss mit den Wirtschaftsverbänden gelohnt.
Gemeinsam mit Economiesuisse, dem Gewerbeverband und dem Arbeitgeberverband haben die Bauern vor rund einem Jahr eine gemeinsame Wahlkampagne lanciert. Die Allianz wurde von Umweltaktivisten kritisiert. Und auch intern gibt es ein Thema, das die Bauern anders als der Rest der Wirtschaft sehen: den Freihandel.
Was bedeutet der Bauern-Zuwachs für die Zukunft der Schweizer Landwirtschaft? Markus Ritter antwortet: «Wir sind überzeugt, dass das neu gewählte Parlament, insbesondere der Nationalrat, die Anliegen der Landwirtschaft wieder besser aufnehmen wird. Dazu wollen wir auch die Zusammenarbeit in der Wirtschaftsallianz weiter verstärken und vertiefen.»
Heisst also, die Allianz dürfte der Schweiz noch länger erhalten bleiben. Die Wirtschaft wird bei der Agrarpolitik wohl erheblich mitreden. Bedeutende Geschäfte, die auf dem Programm stehen, sind zahlreich, sagt Markus Ritter.
Etwa die Budgets und der Zahlungsrahmen 2026/29, um Gelder für die «einheimischen Bauernfamilien», wie Ritter schreibt, zu sichern. Und die Verwaltung arbeite schon an der Agrarpolitik 2030. Hinzu komme die Schlussabstimmung zur Biodiversitätsinitiative während der Wintersession und die Volksabstimmung «im kommenden Jahr».
«Wir sind gefordert», stellt der oberste Landwirt der Schweiz fest. In der Mitteilung auf der Bauernverband-Webseite fügt Ritter noch hinzu: «Freihandelsabkommen nehmen wieder Fahrt auf.» Dann wird es in der Wirtschafts-Landwirtschaftsallianz spannend.