Erweiterte Widerspruchsregelung soll bei Organspende gelten
Das Wichtigste in Kürze
- Wer keine Organe spenden möchte, muss dies künftig festhalten.
- Der Bundesrat hält an der Widerspruchslösung fest.
Es ist ein Gegenvorschlag des Bundesrates zur Initiative «Organspende fördern - Leben retten»: Wer nach seinem Tod keine Organe spenden möchte, soll dies neu festhalten müssen. Angehörige sollen aber auch künftig eine Organspende ablehnen können. Der Bundesrat hält nach der Vernehmlassung an seinem Vorschlag, der erweiterten Widerspruchslösung, fest.
Heute gilt in der Schweiz bei der Organspende die Zustimmungslösung: Eine Organspende kommt nur dann infrage, wenn die verstorbene Person zu Lebzeiten einer Spende zugestimmt hat.
Mehr als die Hälfte der Angehörigen lehnen Organspende ab
Liegt keine Willensäusserung vor, müssen die Angehörigen entscheiden. In 60 Prozent der Fälle lehnen die Angehörigen eine Organspende ab. Dies hat zur Folge, dass jedes Jahr Dutzende Menschen in der Schweiz sterben, weil kein Spendeorgan zur Verfügung steht.
Mit der Volksinitiative «Organspende fördern - Leben retten» soll dies geändert werden. Die Initiative verlangt, dass jede Person Organspender wird, die sich nicht zu Lebzeiten dagegen ausgesprochen hat (Widerspruchsregelung). Die Zustimmung zur Organentnahme wird vermutet.
Bundesrat lehnt enge Widerspruchsregelung ab
Dem Bundesrat geht dieser Vorschlag mit der engen Widerspruchsregelung zu weit. Er lehnt die Initiative ab. Er hat jedoch im September 2019 eine erweiterte Widerspruchslösung in die Vernehmlassung geschickt. Wer nach seinem Tod seine Organe nicht spenden will, soll dies explizit festhalten müssen.
Dazu wird ein Register geschaffen, in dem ein Widerspruch einfach eingetragen werden kann. Findet sich kein dokumentierter Wille, werden wie bisher die Angehörigen befragt. Sie könnten einer Entnahme von Organen widersprechen, wenn dies dem mutmasslichen Willen der verstorbenen Person entspricht.
Nach der Vernehmlassung hält der Bundesrat an diesem indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative fest, wie er am Mittwoch mitteilte. Er unterbreitet dem Parlament eine entsprechende Änderung des Transplantationsgesetzes.
Die meisten europäischen Länder kennen heute eine Widerspruchslösung, bei der auch die Angehörigen einbezogen werden. Dazu gehören Frankreich, Österreich, Italien oder Spanien. Alle haben eine deutlich höhere Spenderate als Deutschland, die Schweiz oder Grossbritannien, wo die Zustimmungslösung gilt.
Die Voraussetzungen für eine Spende in der Schweiz würden auch mit einem Systemwechsel gleich bleiben wie heute: Organe spenden können nur Personen, die im Spital einen Hirntod infolge Hirnschädigung oder Herz-Kreislauf-Stillstand erleiden. Verstirbt jemand ausserhalb des Spitals, ist eine Organspende nicht möglich.