Extrablatt der SVP wird zum Fall für den Rechtsdienst

Das Extrablatt der SVP unterschiebt Medien falsche Zitate. Wegen weiterer Fehler nimmt sich nun der Rechtsdienst der Journalisten-Gewerkschaft dem Fall an.

SVP Extrablatt Wahlen 2019
Nach dem umstrittenen Würmer-Plakat sorgt das SVP-Extrablatt für die nächste Kontroverse. - Keystone / zvg

Das Wichtigste in Kürze

  • Im SVP-Extrablatt werden Quellen für Fakten falsch deklariert.
  • Aber auch ein Foto ist falsch angeschrieben und ohne Erlaubnis abgedruckt.
  • Jetzt klärt der Rechtsdienst ab.

Das Extrablatt der SVP gilt als grösste Zeitung der Schweiz – immerhin wird es in alle Haushalte verteilt. Sorgfalt wäre also angebracht, nicht nur, weil in den Wahlen 2019 jedes Komma potentiell für Ärger sorgen könnte. Doch in der Zürcher Ausgabe werden gar Zitate erfunden und Medien wie Nau und der NZZ untergeschoben. Ein vertiefter Blick zeigt: Auch mit Bildern nimmt es die für Gestaltung und Grafiken zuständige, SVP-nahe Agentur Goal nicht so genau.

Geklautes Bild…

Die Botschaft ist klar: Das «Asyl-Chaos» wird angeprangert, die hohe Sozialhilfe-Quote unter Eritreern dient als ein Beispiel. Der Fall des ebenfalls aus Eritrea stammenden Gleis-Killers von Frankfurt wird noch einmal erwähnt. Das ist legitim – die Wahl der Mittel aber weniger.

Denn das Bild des besagten Eritreers wird zwar korrekt dem Fotografen Frederic Meyer zugeschrieben. Doch dieser sagt: «Das Porträt hätte ich niemals zur Verfügung gestellt.» Angefragt worden ist er nicht.

SVP Extrablatt Habte A,
Problematisches Bild im Extrablatt der SVP: Das Foto von Habte A. wird ohne Erlaubnis und mit falschem Namen verwendet. - Ausriss Extrablatt

Damit steht die SVP zwar nicht alleine da, rechtens ist es trotzdem nicht. «Die SVP begeht eine Urheberrechtsverletzung und das darf nicht sein – von jedem Medium», stellt Meyer klar.

…und falscher Name

Das Bild stammt aus einer Reportage von 2017, wo der Eritreer Habte A. tatsächlich porträtiert worden ist. Das ärgert Meyer gleich noch einmal: Das Thema Sozialhilfebezüger habe ja nichts mit Habte A. zu tun: «Meine Arbeit wird in einen völlig falschen Zusammenhang gestellt.»

Und richtig: Der Mann heisst Habte A., nicht wie im Extrablatt unterstellt wird, Abdullah D. Einen Täter Abdullah D. gibt es zwar auch: Den Messer-Mörder von Hamburg-Altona.

Der arabische Name Abdullah ist vorwiegend in islamischen Ländern üblich. Habte A. dagegen ist, wie viele seiner Landsleute, bekennender Christ und galt als vorbildlich integriert.

Statistik bei der SVP Glücksache

Für Stirnrunzeln sorgt auch das Balkendiagramm der eritreischen Sozialhilfebezüger, dessen Quelle das Bundesamt für Statistik sein soll. Zwar hat das BFS genau diese Zahlen – aber die Aufrechnung sei, Zitat BFS, «inexakt».

Sozialhilfe SVP Extrablatt
Die Zahl der Sozialhilfe-Empfänger aus Eritrea ist in 10 Jahren angewachsen. Der Vergleich zwischen den Zahlen der SVP und des Bundesamts für Statistik. - Nau

Die Zahl der eritreischen Sozialhilfebezüger betrug 2016 tatsächlich 31'526, doch wurden die Zahlen von Asylbereich, Flüchtlingsbereich und wirtschaftlicher Sozialhilfe addiert. Die Zahl von 276 eritreischen Sozialhilfe-Empfängern im Jahr 2006 bezieht sich dagegen ausschliesslich auf wirtschaftliche Sozialhilfe.

Würde man diese mit 2016 vergleichen, wäre 10'181 die korrekte Zahl, teilt das BFS auf Anfrage mit. Das ist zwar immer noch viel, aber drei Mal weniger. Ausgerechnet die SVP, die Partei der Apfel-Experten, vergleicht also Äpfel mit Birnen.

Rechtsdienst wird aktiv

Was genau soll also die Botschaft der etwas willkürlich zusammengewürfelten Medienverweise, Sozialhilfe-Zahlen und einem Täter mit falschem Namen sein? Natürlich: Vor Fehlern ist niemand gefeit. Vor Interpretationen aber auch nicht: Sollen hier Zusammenhänge konstruiert werden zwischen Sozialhilfe-Empfängern, Mördern und dem Islam?

Wenn, dann ist das Porträt von Habte alias Abdullah dafür sicher das falsche Bild. Für Fotograf Frederic Meyer ist jedenfalls klar, dass er es nicht dabei bewenden lassen will. «Der Rechtsdienst der Gewerkschaft Syndicom nimmt sich jetzt dem Fall an», kündigt er an.

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