Frontex-Referendum: Longchamp sieht SVP als Schlüsselfaktor
Das Frontex-Referendum erhitzt die Gemüter. Das Ja-Lager liegt vorne. Unterstützt aber die SVP die Linken, könnte es nochmals eng werden, sagt Claude Longchamp.
Das Wichtigste in Kürze
- Am 15. Mai entscheidet das Stimmvolk über den Beitrag an die Grenzschutzagentur Frontex.
- Im Abstimmungstalk sieht Claude Longchamp die bürgerlichen Befürworter im Vorteil.
- Eine entscheidende Rolle spielen wird gemäss dem Politologen die Parole der SVP.
Frontex, die europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, soll deutlich ausgebaut werden. Die Schweiz muss sich als Schengen-Mitglied daran beteiligen. Der Beitrag soll von heute 21 Millionen auf 61 Millionen Franken im Jahr 2027 steigen.
Dagegen haben linke Parteien und Organisationen erfolgreich das Referendum ergriffen. Sie argumentieren, dass Frontex Flüchtlinge unmenschlich behandelt und sich Europa abschottet.
Ob sie damit durchkommen, darf aber bezweifelt werden, sagt Politologe Claude Longchamp im Abstimmungstalk mit Nau.ch. Selbst die linke Basis ist sich nicht einig. Und, so Longchamp: «Erste Umfragen zeigen, dass die Zustimmung bei Mitte, GLP und FDP sehr hoch ist.»
Frontex-Referendum vom Ukraine-Krieg überschattet
Hier dürfte das Sicherheits-Argument greifen. Das Verständnis für die linke Argumentation werde kaum gross genug sein, um viele bürgerliche Wähler vom Nein zu überzeugen.
Hinzu kommt wohl bei vielen Stimmbürgern die Angst vor einem Rauswurf aus dem Schengen-Raum. Justizministerin Karin Keller-Sutter erklärte wiederholt, dass eine neue Lösung in kurzer Zeit eher unrealistisch sei. Longchamp glaubt denn auch nicht, dass die Schweiz aufgrund der aktuellen Situation in Brüssel Priorität geniesse.
Der Ukraine-Krieg werde zwar die Flüchtlings-Debatte beeinflussen. So gibt etwa die Ungleichbehandlung von ukrainischen und anderen Flüchtlingen zu reden. Einen direkten, massiven Einfluss auf die Abstimmung erwartet Longchamp aber nicht.
Sicher ist: Das Frontex-Referendum sorgt für heftige Emotionen. Linke Vertreter kritisieren etwa die Ja-Kampagne der Operation Libero heftig. «Vorlagen über Flüchtlinge polarisieren seit Jahren immer stark», so Longchamp. Hinzu komme, dass sich nicht alle Parteien einig sind.
SVP-Parole ist matchentscheidend
In Fokus steht die SVP, deren Vertreter gespalten sind. Morgen Samstag kommt es an der Delegiertenversammlung zum grossen Showdown. Nationalrätin Barbara Steinemann kämpft für ein Ja, Nationalrat Andreas Glarner für ein Nein. Auch Finanzminister Ueli Maurer wird sich für das bundesrätliche Ja starkmachen.
Setzt sich dieser durch, sei «der Pfupf draussen», ist Longchamp überzeugt. «Sollte sich die SVP aber für Nein und damit grundsätzlich gegen die EU-Politik aussprechen, wird der Abstimmungskampf neu lanciert.»
Nicht auszuschliessen sei aber eine Stimmfreigabe. Selbst in diesem Fall sei aber ein Ja an der Urne deutlich realistischer, so Longchamp. Der Politologe rechnet aber damit, dass die hohe Zustimmungsrate aus der ersten Umfrage noch zurückgehen wird.