Geheimpapiere zu den Kampfjet-Verhandlungen enthüllt
Brisant: Der Bundesrat hat bei den Kampfjet-Verhandlungen politische Gegengeschäfte mit Frankreich über Steuern und Unterstützung bei EU-Themen ausgemacht.
Das Wichtigste in Kürze
- Recherchen von Radio SRF geben Einblicke in die Kampfjet-Verhandlungen mit Frankreich.
- Frankreich hat Steuereinnahmen und Unterstützung in der EU für den Jet-Auftrag geboten.
- Die politischen Gegengeschäfte sollen dabei vom Bundesrat ausgegangen sein.
Die Kampfjet-Frage ist in der Schweiz ein heiss diskutiertes Thema. Ende Juni 2021 fasste der Bundesrat seinen Beschluss: Der Bund will 36 F-35A von Lockheed Martin kaufen. Für rund 5 Milliarden Franken – die Gesamtkosten über 30 Jahre betragen gut 15,5 Milliarden Franken.
Recherchen von Radio SRF zeichnen nun aber ein anderes Bild der Verhandlungen des Bundesrats. Dabei geht es nicht um die USA, sondern um Frankreich. Es geht um ein Schreiben des französischen Wirtschafts- und Finanzministers Bruno Le Maire an Ueli Maurer. Der Inhalt: politische Gegengeschäfte.
Das Dokument vom 28. Juni 2021 wurde durch den Bundesrat als geheim eingestuft. Radio SRF beruft sich allerdings auf vier voneinander unabhängige Quellen, die das Dokument gesehen hätten.
Kampfjets gegen Steuereinnahmen und Unterstützung bei EU-Themen
In dem Schreiben geht es um politische Gegengeschäfte. Heisst: Wenn der Bundesrat den französischen Rafale kauft, bieten die Franzosen ihrerseits etwas an. Le Maire bot dem Bundesrat zwei verschiedene Dinge an.
Einerseits geht es um die Steuereinnahmen aus Grenzgänger-Löhnen. Frankreich zeigte sich dazu bereit, diese an acht verschiedene Schweizer Kantone zu überweisen. Kostenpunkt: 3,5 Milliarden Franken innert zehn Jahren, so die Rechnung des Finanzdepartements.
Andererseits versicherte Le Maire dem Bundesrat die Unterstützung Frankreichs in jeglichen europapolitischen Themenpunkten zu. Etwas, was mit Blick auf die damals kriselnde EU-Schweiz-Beziehung sicherlich hilfreich für die Schweiz gewesen wäre. Laut SRF soll Le Maire in seinem Brief von einem historischen Angebot gesprochen haben.
Problematisch für den Bundesrat ist dabei, dass das Ganze von ihm selbst ausgegangen sein soll. Er soll Finanzminister Ueli Maurer beauftragt haben, eine Bestätigung für die bereits vereinbarten Gegengeschäfte zu erbitten.
Das war laut SRF am 23. Juni 2021 – am 30. Juni lag die Antwort Le Maires beim Bundesrat auf dem Tisch.
Der Bundesrat schweigt
Den ganzen lukrativen Gegengeschäften zum Trotz entschied sich der Bundesrat noch am selben Tag für den F-35A. Und damit gegen Paris. Frankreich reagierte und zeigte der Schweiz die kalte Schulter. Im Januar 2022 zeigten «Republik»-Recherchen dann: Verteidigungsministerin Viola Amherd hatte dem Bundesrat bereits Anfangs Juni mitgeteilt, dass der F-35A das beste Angebot sei.
Amherd warf daraufhin Aussenminister Ignazio Cassis und Finanzminister Ueli Maurer vor, ohne ihr Wissen mit Frankreich verhandelt zu haben. Das neu aufgetauchte Dokument spricht allerdings eine andere Sprache. Laut SRF rückt Amherds Departement aber nicht von den getroffenen Aussagen ab. Bundesratssprecher André Simonazzis zeigt sich auch nicht gerade auskunftsfreudig: «Über Interna aus der Bundesratssitzung gebe ich keine detaillierten Auskünfte», zitiert ihn das SRF.