Gewerkschaftsbund und SVP stellen sich gegen EU-Verhandlungsmandat
Gewerkschaften und SVP stellen sich gegen das EU-Verhandlungsmandat. Auch die SP und Arbeitnehmerverbände bringen Kritik an, die FDP wartet ab.
Das Wichtigste in Kürze
- Die SVP sieht in dem EU-Verhandlungsmandat «Augenwischerei».
- Pro Schweiz fürchtet eine Abtretung der direktdemokratischen
- Die SP begrüsst den Beschluss, kritisiert und warnt aber.
Das vom Bundesrat verabschiedete Mandat für die Verhandlungen mit der EU wird von der SVP und den Gewerkschaften bemängelt. Die Arbeitnehmerverbände und die SP kritisieren insbesondere den fehlenden Lohnschutz, die SVP wiederum befürchtet, die Schweiz «unterwerfe» sich der EU.
Für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) ist der vom Bundesrat eingeschlagene Weg «nicht gangbar». Der Bundesrat gebe seinen Unterhändlern die Kompetenz, Teile der Flankierenden Massnahmen in den Verhandlungen preiszugeben, ohne dass es verbindliche Zusicherungen gebe, wie die daraus entstehenden Lücken im Lohnschutz geschlossen werden. Auch der Dachverband Travail Suisse kündigte an, kein Verhandlungsergebnis zu unterstützen, welches den Lohnschutz oder den Service Public schwäche.
Die SP begrüsst derweil grundsätzlich, dass mit dem Beschluss des endgültigen Verhandlungsmandats die Verhandlungen zu den Bilateralen III beginnen könnten. Die Europapolitik dürfe jedoch «nicht für einen Angriff seitens der Bürgerlichen und der Wirtschaftsverbände auf den Service public und die Lohn- und Arbeitsbedingungen missbraucht werden», teilte die Partei am Freitag mit.
SVP spricht von «Augenwischerei» und Unterwerfung
Der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) sah am Freitag hingegen laut einer Mitteilung den Lohnschutz nicht als Hindernis für die Verhandlungen. Die Gewerkschaft des Verkehrspersonals (SEV) zeigt sich gleichzeitig kritisch gegenüber der Tatsache, dass über eine «kontrollierte Öffnung» beim Schienenverkehr verhandelt werde.
Die SVP wiederum sprach von «Augenwischerei», da der Bundesrat im sogenannten «Common Understanding» des Verhandlungsmandats bereit sei, die Forderungen der EU weitgehend zu erfüllen, teilte die Partei am Freitag mit. Der Bundesrat akzeptiere «die automatische Übernahme von EU-Recht, die Unterwerfung unter den EU-Gerichtshof und Milliardenzahlungen an die EU».
Pro Schweiz fürchtet «Abtretung der direktdemokratischen Rechte»
Die Bewegung Pro Schweiz blies ins gleiche Horn und teilte mit, man wolle sich «mit aller Kraft gegen die Abtretung der direktdemokratischen Volksrechte einsetzen». Die EU entscheide, die EU befehle, die EU richte und die Schweiz zahle, hiess es weiter.
Die Grünen Schweiz sehen die von Aussenminister Ignazio Cassis angekündigte Verabschiedung des Verhandlungsmandats mit der EU derweil als eine Chance für die Schweiz. Es brauche aber noch mehr. Denn die Schweiz hinke in vielen Bereichen, in denen die EU vorwärts mache, hinterher, so zum Beispiel beim Klimaschutz.
FDP will Verhandlungsresultat abwarten
Geregelte Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU seien entscheidend, schrieb indes die Mitte auf X. Der bilaterale Weg müsse erfolgreich in die Zukunft geführt werden. Die FDP kündigte zeitgleich auf X an, man werde das Verhandlungsresultat beurteilen, wenn es vorliege. Die Schweiz brauche solide und geregelte Beziehungen mit Europa.
Die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) betonte in einer ersten Reaktion auf die Verabschiedung des Verhandlungsmandats, dass sie Wert auf einen guten Austausch mit der EU und ihren Mitgliedsländern lege. Es sei zudem unerlässlich, dass der Zugang zu den Forschungs- und Bildungsprogrammen Horizon Europe und Erasmus+ wieder hergestellt werde.
Operation Libero begrüsst Mandat
Diese Programme seien von zentraler Bedeutung für die Wirtschaft und renommierte Kompetenzzentren wie die ETH Zürich, die EPFL oder das Paul Scherrer Institut. Dies sahen auch der Verband der Schweizer Studierendenschaften (VSS) und die Europäische Bewegung der Schweiz (EBS) so.
Operation Libero begrüsste das verabschiedete Mandat: Die Schweiz brauche «dringend eine langfristige Lösung», um die individuellen Freiheiten zu sichern, die der Binnenmarktzugang und die Personenfreizügigkeit geben würden.
Economiesuisse sieht wichtigen Grundstein
Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse sieht die Verabschiedung des Verhandlungsmandats durch den Bundesrat als einen wichtigen Grundstein für Verhandlungen mit der EU. Mit den Bilateralen III könnten die bilateralen Beziehungen stabilisiert und weiterentwickelt werden, teilte Economiesuisse am Freitag mit. Dies schaffe Rechtssicherheit und stärke den Wirtschaftsstandort Schweiz.
Die nationale Netzbetreiberin Swissgrid begrüsste das vom Bundesrat verabschiedete EU-Verhandlungsmandat ebenfalls. Dies sei ein wichtiger Schritt zur Stärkung der Netz- und Versorgungssicherheit. Auch die Rechtssicherheit sowie die Mitgestaltungsmöglichkeiten der Schweiz im europäischen Stromsystem würden gestärkt, hiess es in einer Mitteilung vom Freitag.
Für die grösste Exportindustrie der Schweiz seien stabile Beziehungen zur EU zentral, schrieb derweil der Wirtschaftsverband Scienceindustries auf X. Und der Branchenverband Interpharma betonte in einer Mitteilung, dass durch die Aufnahme von Verhandlungen mit der EU das sogenannte Mutual Recognition Agreement (MRA) zum Abbau der technischen Handelshemmnisse aktualisiert werde könne. Dies sei von grosser Bedeutung für die Exporte der Industrie und die Versorgungssicherheit.