Grindelwald markiert Maskenlose mit gelbem Zettel
Ein gelber Zettel als Abzeichen für Passagiere mit Maskendispens: Ein betroffener Jungpolitiker ärgert sich über fehlendes Geschichtsbewusstsein.
Das Wichtigste in Kürze
- Grindelwald kennzeichnet einen maskenlosen Fahrgast mit einem gelben Zettel an der Jacke.
- Dieser – FDP-Politiker Nicolas A. Rimoldi – hat ein Attest.
- Der gelbe Zettel zeugt für ihn aber von mangelndem Geschichtsbewusstsein.
Das Unheil nahm seinen Anfang schon am Billett-Schalter der Jungfrau-Bahnen in Grindelwald. Nein, ohne Maske dürfe man nicht fahren, also verkaufe sie auch kein Billett, beschied die Angestellte konsequent. Pech für die pflichtbewusste Dame: Wer da maskenlos in der Schalterhalle steht, ist FDP-Jungpolitiker Nicolas A. Rimoldi.
Dieser ist einerseits nicht aufs Maul gefallen und hat andererseits ein Attest für Maskendispens. «Ich habe freundlich und in aller Seelenruhe darauf hingewiesen, dass das weder legal noch ethisch ist», erzählt Rimoldi – ein Vorgesetzter musste schlichten.
Gelber Zettel, an Jacke zu heften
«Es kann ja nicht sein, dass Leute, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen können, auch noch diskriminiert werden.» Rimoldi ärgert sich: «Wer keine Maske tragen kann, hat es schwer genug.» Der Vorgesetzte präsentierte zwar eine Lösung, machte die Sache aber nicht wirklich besser.
Ein knallgelber Zettel sei an der Jacke anzubringen, damit Rimoldi nicht bei jeder Fahrt erneut sein Attest präsentieren müsse. Besser als gar nichts? Rimoldi fände gar nichts besser: «Wer Armbinden und andere ähnliche Erkennungsmerkmale fordert, hat aus der Geschichte nichts gelernt.» Auch noch ausgerechnet in Gelb: Bis zum «Judenstern» in Nazi-Deutschland fehlen nur noch zwei Zacken.
Maskendispens selten
Nau.ch hat die Jungfrau-Bahnen angefragt, ob das Vorgehen Standard sei. Explizite Vorgaben dazu gibt es offenbar nicht, bestätigt Kommunikations-Chefin Kathrin Naegeli.
«Wir haben nur einzelne Fälle von Maskendispens. Deshalb wird das jeweils spontan gehandhabt (mit einem Zettel oder so) und ist nicht extra im Schutzkonzept erwähnt.»
Rimoldi will den Bahnmitarbeitern aber auch gar keinen Vorwurf machen. «Sie meinen es eigentlich nicht böse. Menschen optisch zu kennzeichnen darf trotzdem niemals ein gangbarer Weg sein.»
Lieber wäre Rimoldi, wenn die Maske – beziehungsweise deren Absenz – schon beim Billettkauf kein Thema gewesen wäre. «Wir werden angepöbelt, ausgegrenzt, das Menschliche geht verloren und damit der oft propagierte gesellschaftliche Zusammenhalt. Viele trauen sich trotz Attest nicht mehr aus dem Haus, die bundesrätliche Panik verursacht Hass.»»
Stattdessen sei Toleranz gefragt, keine Abzeichen und kein Rechtfertigungsmarathon: «Die eigene Gesundheit geht niemanden etwas an. Das öffentliche Entblössen derer ist ein illegitimer Eingriff in Grundrechte. Die Maskenpflicht führt zu Stigmatisierung und Ausgrenzung.»