Heidi Z'graggen wäre nicht die erste Regierungsrätin im Bundesrat
Heidi Z'graggen möchte Doris Leuthards Bundesratssitz erben. Als Regierungsrätin spricht man ihr geringe Chancen zu. Doch: Vor ihr gelang dies auch anderen.
Das Wichtigste in Kürze
- Heidi Z'graggen ist Urner Regierungsrätin und will direkt in den Bundesrat.
- Dieser Sprung klingt gewagt, gelang bisher aber bereits drei anderen Frauen.
Heidi Z’graggen hats pressant. Sie will von der Urner Kantonalpolitik direkt nach Bern ins höchste Amt des Landes. Die Finanzdirektorin des Kantons Uri sitzt seit 14 Jahren in der Kantonsregierung. Ohne nationales Mandat in den Bundesrat, das klingt gewagt, naiv – und unrealistisch.
Doch: Sollte Z’graggen der Sprung von der Kantons- in die Landesregierung schaffen, wäre sie nicht die erste. Schon drei Personen vor ihr gelang seit 1984 dieses Kunststück, als mit Elisabeth Kopp die erste Frau in den Bundesrat rückte. Besonders brisant: Es waren bisher immer Frauen.
Von «Frau Säckelmeister» zur Frau Bundesrätin
1999 wählte die Bundesversammlung die 34-jährige Ruth Metzler zur jüngsten Bundesrätin seit Numa Droz 1875 (der war damals 31). CVP-Politikerin Metzler war zuvor – ähnlich wie Z’graggen – ausserhalb der Ostschweiz praktisch unbekannt. Seit 1996 war die Juristin und Wirtschaftsprüferin im Kanton Appenzell Vorsteherin des Finanzdepartements, genannt «Frau Säckelmeister».
Bei der Ersatzwahl – es standen nur Frauen zur Auswahl – lag Metzler mit der St.Galler Volkswirtschaftsministerin Rita Roos im vorletzten Wahlgang gleichauf, nur eine Stimme fehlte jeweils. Fast wäre Roos Bundesrätin geworden, denn ein Stimmzettel wurde ungültig erklärt: Ein nachlässiger Parlamentarier hatte nämlich «Roth» auf den Zettel geschrieben, weshalb nicht klar war, ob Rita Roos gemeint war oder der bereits ausgeschiedene Mitkandidat Jean-François Roth. Im letzten Wahlgang gewann schliesslich Metzler.
Vom Genfersee an die Aareschlaufe
Drei Jahre später gelang Micheline Calmy-Rey dasselbe Kunststück. Seit 1981 im Genfer Kantonsparlament aktiv, amtierte die SP-Politikerin ab 1997 als Staatsrätin. In der Regierung führte sie das Finanzdepartement. Von dort ging der Weg direkt ins Bundeshaus, als Nachfolgerin von Ruth Dreifuss. In der Wahl 2002 konnte sich Calmy-Rey gegen die parteiinterne Konkurrentin Ruth Lühti durchsetzen, welche ebenfalls Staatsrätin war im Kanton Freiburg.
Der Tag, als Christoph Blocher aus dem Bundesrat flog
Wiederum fünf Jahre später schlug die Stunde von Eveline Widmer-Schlumpf. Sie gehörte von 1998 bis 2007 der Bündner Regierung an, als erste Frau notabene. Die SVP-Regierungsrätin führte das Finanz- und Militärdepartement und präsidierte zudem die Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren. In dieser Funktion wurde ihr Erfolg zugeschrieben, dass das Steuerpaket des Bundes 2003 in einer Volksabstimmung abgelehnt wurde.
Widmer-Schlumpf liess sich 2007 von mitte-links Parteien als Sprengkandidatin zur Wiederwahl von Bundesrat Christoph Blocher aufstellen. Dieser hatte vier Jahre zuvor seinerseits als Sprengkandidat Ruth Metzler aus der Landesregierung geworfen. Nun unterlag der SVP-Übervater der Bündner Finanzdirektorin. Erstmals waren damit mehr Frauen als Männer im Bundesrat vertreten.
Keller-Sutters erster Anlauf
2010 stand eine weitere Kantonalpolitikerin vor dem Bundeshaus und versuchte den Sprung in den Bundesrat: Karin Keller-Sutter war Regierungsrätin im Kanton St. Gallen und stand dort dem Polizei- und Justizdepartement vor. Ihr erster Anlauf scheiterte an ihrem Parteikollegen Johann Schneider-Ammann. Am 5. Dezember 2018 wird ihr – nun als Ständerätin – der Einzug in den Bundesrat höchstwahrscheinlich gelingen.