Heute ist Showdown im Zoff um die Skipisten
Das Wichtigste in Kürze
- Bundesrat Alain Berset schlägt vor, die Anzahl Skifahrer auf den Pisten zu reduzieren.
- Die Skiregionen sind über diesen Vorschlag wenig erfreut.
- In der Politik herrscht in der Frage Uneinigkeit.
Auch wenn die Covid-Fallzahlen leicht zurückgehen, steht die Schweiz im Vergleich mit vielen europäischen Staaten schlecht da. Und das ausgerechnet jetzt, wo die Skisaison vor der Tür steht.
Gesundheitsminister Alain Berset hat deshalb ein «Festtagspaket» geschnürt und den Kantonen vorgelegt. Über das Paket wird der Bundesrat heute Freitag entscheiden und informieren. Das Papier enthält klare Vorgaben für die Skigebiete.
«SRF News» machte den Verordnungsentwurf am Donnerstagabend der Öffentlichkeit zugänglich. Konkret sind etwa Massnahmen wie Kapazitätseinschränkungen für Bergbahnen oder eine frühe Sperrstunde für Gastronomiegebiete vorgesehen.
Zudem sollen Wintersportgebiete überhaupt nur öffnen können, wenn dies die kantonale Lage erlaubt. Und Gemeinden mit einem grossen Wintersportangebot sollten genauso wie die Bahn- und Restaurantbetreiber ein Schutzkonzept parat haben.
Der Bundesrat behält sich weiter vor, die Bewilligung fürs Skifahren auch widerrufen zu können, sollte es die epidemiologische Lage erfordern. Wie zudem bereits seit Montag klar ist, soll die Zahl der Wintersportler auf den Pisten verringert werden.
Berset hat den Kantonen dazu zwei Optionen präsentiert. Mit beiden Varianten wird die Zahl der Wintersportler reduziert, unterschiedlich sind nur die Berechnungsgrundlagen.
Wenig überraschend kommt dieser Vorschlag in den Skiregionen nicht gut an. Markus Meili, Geschäftsführer des Skigebiets Engadin St. Moritz, sagt: «Es kann doch nicht sein, dass drei Leute bestimmen können, ob in Europa Ski gefahren werden kann oder nicht.» Er sieht darin weniger eine Massnahme für den Gesundheitsschutz, als ein Entgegenkommen gegenüber der EU.
Vorschlag umsetzbar, aber mit Umsatz-Minus
Umsetzbar seien die Einschränkungen schon, heisst es in Zermatt. «Sie sind allerdings teilweise mit Mehraufwand verbunden und bedeuten eine wirtschaftliche Einbusse.» Kritisch klingt es aus anderen Skiregionen.
Kritik auch aus der Politik: Die Gesundheits- und Wirtschaftskommissionen des Nationalrats forderten am Mittwoch in einem dringlichen Appell an den Bundesrat, die Gästezahl nicht pauschal zu reduzieren. «Wir sind in grosser Sorge um die Bergregionen», sagt SVP-Nationalrat Albert Rösti. Er warnt vor enormen Schäden für die Wirtschaft.
FDP-Ständerat Martin Schmid ergänzt: «In Graubünden haben wir die Corona-Situation im Griff. Aus unserer Sicht gibt es keinen Grund für Einschränkungen, wie sie der Bundesrat vorsieht.»
Scharfe Kritik von der SP-Spitze
Einig sind sich die Politiker freilich nicht. Die SP-Chefs Mattea Meyer und Cédric Wermuth kritisieren ihre bürgerlichen Kollegen in einem offenen Brief scharf. «Mit euren Forderungen rettet ihr nicht die Skisaison, sondern riskiert, zum Totengräber der Skigebiete zu werden», schreibt das Duo. «Die Schweiz ist nicht zuletzt wegen euch zum Corona-Hotspot geworden, es droht ein enormer Reputationsschaden.»
Und GLP-Präsident Jürg Grossen doppelt auf Twitter nach: «Die Erklärung der Hobby-Epidemiologen-Truppe aus der WAK-N um Thomas Matter ist unseriös. Als Vertreter einer Bergregion ist es mir auch wichtig, dass Skifahren möglich bleibt – dafür braucht es aber tiefe Fallzahlen und konsequente Schutzmassnahmen.»
Wie beurteilt die Wissenschaft die Situation? Emma Hodcroft von der Universität Bern sagt, dass es unwahrscheinlich sei, sich auf der Piste anzustecken. Entscheidend sei das Drumherum: Gegessen wird in Restaurants, auf die Piste geht es mit der Gondel. «Man kann diese Orte sicherer machen, indem man für eine bessere Lüftung sorgt und die Anzahl Menschen reduziert.»
Experte: Kapazitäten herunterfahren
Virologe Andreas Cerny gibt grundsätzlich grünes Licht. Die Betreiber mit ihren Schutzkonzepten seien gefordert. Doch: «Es gibt je nach Disposition der Berganlagen sicher Situationen, wo die Kapazitäten zum Schutz der Benutzer heruntergefahren werden müssen.»
Die Schutzkonzepte der Bergbahnen sind unterschiedlich. Gemeinsam haben sie, dass in Gondeln und geschlossenen Räumen eine Maskenpflicht gilt. Überall gelten auch Sicherheitsmassnahmen in den Restaurants.
Im Detail gibt es aber Unterschiede. Mancherorts muss die Gondelfahrt vorab im Internet gebucht werden. Und einige Bergbahnen haben bereits freiwillig die Kapazität der Gondeln oder Zahl der Tageskarten beschränkt.
Der Bundesrat dürfte im Laufe des Nachmittags über seine Entscheide informieren. Nau.ch berichtet live.