Kleben gegen Klimawandel: Aktivisten machen trotz Ärger weiter
«Klima-Kleber» sind gemäss Umfrage das zweitgrösste Ärgernis der Schweiz. Der Klimawandel ist aber die grösste Herausforderung. Gibt es ein Missverständnis?
Das Wichtigste in Kürze
- «Renovate Switzerland» fällt mit zivilem Ungehorsam auf, etwa Festkleben auf der Strasse.
- Die Aktionen der Klimaaktivisten sind das zweitgrösste Ärgernis der Bevölkerung.
- Die Bewegung will trotzdem weitermachen und freut sich, dass eine Debatte geführt wird.
Im Rahmen des Wahlbarometers werden nicht nur Parteisympathien und Wahlchancen untersucht, sondern auch die Wahrnehmungen der Bevölkerung: Wo muss die Politik am Dringendsten anpacken? Was sorgt für – politischen – Frust?
Das Ergebnis zur letzteren Frage hat für Überraschung gesorgt. Sogenannte «Klima-Kleber», stehen an zweiter Stelle: 51 Prozent der Befragten gaben an, sich über die routinemässigen Verkehrsblockaden zu ärgern. Nur die Credit-Suisse-Misswirtschaft konnte mehr Schweizerinnen und Schweizer nerven.
Gleichzeitig gaben die Befragten an, den Klimawandel als die grösste Herausforderung für die Politik zu sehen. Dürfte also heissen: Die Bevölkerung ist sich der Bedrohung durch die Erderwärmung bewusst. Nur kommen Aktionen nicht gut an, die den Alltagsverkehr behindern, so etwa jene von «Renovate Switzerland».
Aktivistengruppe zufrieden: «Es ist ein Sieg»
Darauf angesprochen, reagiert «Renovate Switzerland» triumphierend: Dass die Mehrheit der Parteien und der Wählenden den Klimawandel gleich einschätzen wie die Aktivistengruppe, sei «ein Sieg». «Das zeigt, dass ziviler Widerstand funktioniert», sagt Pressesprecherin Cécile Bessire. Die Warnungen von den Menschen, die gewaltfrei protestierten, hätten allmählich Gehör gefunden.
Ebenso sei erfreulich, dass sich die Mehrheit der Bürger auf eine Debatte «über die Legitimität von Klebeaktionen» eingelassen habe. «Dies ist eine grundlegende Diskussion, die in einer Demokratie geführt werden muss», so Bessire. «Ich erwarte nun, dass diese Diskussionen in ernsthafte und konkrete Verpflichtungen umgesetzt werden.»
Ans Aufhören denken die «Klima-Kleber» trotz Ärgernis vonseiten der Wählenden nicht. «Wir werden die Aktionen fortsetzen, bis sich ein Prozent der Schweizer Bevölkerung der Bewegung anschliesst», kündigt Bessire an. Das Endziel sei es immer noch, die Regierung davon zu überzeugen, den Klimanotstand aufzurufen und Gebäude zu renovieren.