Kondom-Aktion Gleichstellung: CVP-Binder gibt nicht Männern Schuld
Nach der Kondom-Aktion nutzt die Aargauer CVP-Chefin die Gelegenheit, um über die Gleichstellung zu reden. Es sei viel gegangen, doch es bleibt noch zu tun.
Das Wichtigste in Kürze
- CVP-Nationalratskandidatin Bachmann-Roth verteilt Kondome und spricht über Gleichstellung.
- Die Aargauer Parteipräsidentin Marianne Binder freut sich über die Aufmerksamkeit.
- Die Frauenbewegung sieht sie auch kritisch. Man könne nicht den Männern Schuld geben.
Mit einer provokativen Wahlkampf-Aktion wollte CVP-Nationalratskandidatin Christina Bachmann-Roth auf die Gleichstellungs-Defizite aufmerksam machen. Sie verteilte am Aarauer Bahnhof Kondome. Darauf die Aufforderung an die Frauen: «Verhüte! Bis er bereit ist, als Vater Teilzeit zu arbeiten.»
Dass das Thema Gleichstellung weiterhin polarisiert, zeigten die vielen negativen Reaktionen, die Bachmann-Roth erhielt. Auch die Aargauer CVP-Präsidentin Marianne Binder weiss: «Gleichstellung wird sehr unterschiedlich diskutiert. Sogar unter Frauenrechtlerinnen.» Doch wer politisiere, bekomme halt auch Widerstand.
«Gerechterweise muss man auch einmal sagen, dass wir sehr viel erreicht haben. Und da empfinde ich es manchmal als undankbar gegenüber all den engagierten Kämpferinnen der letzten Jahrzehnte, wenn wir so tun, als sei gar nichts passiert», sagt Binder.
Familienfreundliche Stundenpläne und subventionierte Kinderbetreuung
Trotzdem: Es gebe noch viel zu tun. Die CVP fordert etwa mehr Teilzeitarbeit oder besser abgestimmte Stundenpläne und offene Schulhäuser. «Es ist mir schleierhaft, weshalb überall im Ausland familienfreundliche Stundenpläne existieren und unsere noch aus der Steinzeit stammen.» Die Schulzeiten der Kinder sollten besser den Arbeitszeiten der Eltern entsprechen.
Oder: Im Aargau war die CVP massgeblich am neuen Kinderbetreuungsgesetz beteiligt. Seit einem Jahr ist jede Gemeinde verpflichtet, subventionierte Betreuungsplätze zur Verfügung zu stellen. Die Eltern bezahlen je nach ihrer wirtschaftlichen Situation.
Gleichstellung: Marianne Binder sieht Entwicklung der Rollenbilder
Die Gründe für den Lohnunterschied von fast einem Fünftel sind primär bei der schwierigen Vereinbarkeit von Job und Familie zu suchen. Marianne Binder findet die Kondom-Aktion von Bachmann-Roth daher gut: Sie generiere Aufmerksamkeit – nicht nur für die CVP-Kandidatin, sondern auch für die Vereinbarkeit.
Junge Frauen müssen sich nach wie vor entscheiden: Kinder oder Karriere. «Das Gleiche gilt aber auch für Männer: Auch sie möchten später Kinder und ihre Ausbildung beenden», beobachtet Binder. Heute teilen sich 70 Prozent aller Eltern die Familienarbeit. Die klassische Rollenteilung habe sich ziemlich verändert.
Sie gibt jedoch zu, dass sich weiterhin vermehrt die Frauen um die Familie kümmern. «Es ist aber eine Frage der Zeit, da bin ich zuversichtlich.» Binder will stärker auf die Eigenverantwortung setzen.
«Grundsätzlich finde ich einfach, es ist doch jedem Paar selbst überlassen. Es gilt die freie Wahl des Familienmodells und man sollte diese nicht gegeneinander ausspielen.»
Politik, der ideale Teilzeitjob
Seit Jahren engagiert sich die CVP-Ständeratskandidatin für mehr Frauen in der Politik. Dabei habe sie jedoch die Erfahrung gemacht, dass sich Frauen grundsätzlich weniger für Politik interessieren. Und es brauche viel mehr Überredungskunst, um sie fürs Kandidieren zu überzeugen.
«Man kann den Männern doch dafür nicht auch noch die Schuld in die Schuhe schieben», findet Binder. Unterdessen kandidieren schweizweit so viele Frauen wie noch nie. «Auf unserer Liste sind mehr Frauen als Männer. Darauf bin ich stolz.»
Und Marianne Binder fügt an: «Übrigens eignet sich gerade die Politik gut für eine Teilzeitbeschäftigung. Das sage ich in meiner Überzeugungsarbeit regelmässig, wenn ich Kandidatinnen gewinnen will.»