Könnte es sein… dass die CS einfach zu «woke» war?

Matthias Bärlocher
Matthias Bärlocher

Zürich,

Es ist nicht auszuschliessen: Die Credit Suisse könnte am Regenbogen-Kult zugrunde gegangen sein. Ein Kommentar.

Credit Suisse Zurich Pride
Die Credit Suisse präsentiert sich an der Zurich Pride mit eigenem Wagen. - Twitter/@CreditSuisse

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Credit Suisse soll der Woke-Wahn zum Verhängnis geworden sein.
  • So sieht dies jedenfalls ein anerkannter Insider und Wirtschaftsjournalist.
  • Eine ganzheitliche Betrachtung scheint indes notwendig. Ein Kommentar.

Es gibt sie noch, diese Momente. Auch an einem langsam vor sich hindümpelnden Mittwochnachmittag kurz vor Ostern. Momente, in denen man in den Bildschirm starrt und plötzlich denkt: «Wa…? Hmm!» Es könnte ja tatsächlich was dran sein, dass die Credit Suisse wegen zu viel «woke» und zu viel Regenbogen gescheitert ist.

Zu viele Kommissionen in Regenbogen-T-Shirts

Man weiss es nicht. Vor allem ich nicht, denn bei der Hochfinanz gelange ich schnell an den Punkt, wo ich ins Fallback-Szenario «Blackbox» verfalle. Wenn die Finma über «AT1 bonds» referriert, denk ich bei mir, «jaja, diese 81er-Anleihen».

Credit Suisse Lukas Hässig
Wirtschaftsjournalist Lukas Hässig beklagt sich über zu viele Regenbogen-T-Shirts in der Credit Suisse, - Screenshot Twitter

Weswegen man jeweils froh ist um die Inputs von ausgewiesenen Fachleuten, wie Investigativ-Wirtschaftsjournalist Lukas Hässig. Dieser ist im Interview mit «Weltwoche Daily» den wahren Ursachen des Grossbank-Crashs auf der Spur: «Die Credit Suisse hat sich gewandelt zu einem Regenbogen-Konzern.» Was man gut oder schlecht finden könne, aaaaber darob sei vergessen gegangen, dass man auch noch eine kriselnde Bank sei.

«Du kannst doch nicht anfangen, Fähnchen zu schwingen und da diese Pride-Paraden zu zelebrieren», schimpft Hässig. Im Kern gehe es um folgendes: «Diese Organisation hatte irgendwann zu viele Arbeitsgruppen, die mit dem Regenbogen-T-Shirt rumliefen.»

Inside «Inside Paradeplatz»

«Chamemache», entschärft Hässig sofort wieder die ansetzende Kritik, er sei womöglich Anti-Buntist. Aber die CS habe nicht mehr aus diesem Modus herausgefunden, die Kunden und Krisen vergessen. «Sie haben nicht gemerkt, wann sie wieder richtig arbeiten müssen.»

Was halten Sie von der «Woke»-Debatte?

Nette, bunte, diverse Banker, das geht natürlich nicht (was ich natürlich längstens gewusst habe, als alter 81er-Anleiher). Es gibt da nur ein kleines Problem: Mindestens ebenso regenbiegend wie die Credit Suisse ist offenbar die UBS unterwegs. Woher ich das weiss? Na, vom Branchen-Portal «Inside Paradeplatz», gegründet von Lukas Hässig.

Ralph Hamers Regenbogen Pride
Der Noch-CEO der UBS, Ralph Hamers, macht ein Selfie von sich und anderen UBS-Mitarbeitenden während der Zurich Pride. - Facebook/@ubsschweiz

Dort wettert der Chef gleich selbst darüber, dass UBS-CEO Ralph Hamers in einem Schwulen-Magazin für LGBTIQ+ werbe. Und sich gar im Regenbogen-Shirt ablichten lasse. «Hamers macht die UBS zur Woke-Bank Nr. 1», stellte Hässig Anfang September 2022 fest. Und fragt Ende September rhetorisch: «Ist das die Aufgabe des Chefs der UBS

LGBTI-Label Ikea Roche ZKB
Auch Firmen wie Roche, Ikea und die ZKB unterstützen die Zurich Pride bzw. schmücken sich mit dem LGBTI-Label. Und die UBS. - Screenshot SRF Tagesschau

Dann wissen wir ja, wer als Nächstes vom Bundesrat zwangsverheiratet werden muss. Zusammen mit anderen unfokussierten, aber immerhin mit LGBTI-Label zertifizierten, krisengeschüttelten Unternehmen. Wie Roche, oder Ikea, oder die nur Insidern bekannte LGBTI-Pionierin namens «Zürcher Kantonalbank».

Also, ich weiss ja auch nicht…

Wobei betont sein soll: Es geht hier nicht darum, die Kompetenz von Lukas Hässig anzuzweifeln. Man muss das ganzheitlich betrachten: Denn der Interview-Ausschnitt, den die Weltwoche vertwittert hat, wird dem über 40-minütigen Gespräch nicht gerecht. Kompetent und eloquent glänzt Hässig mit Details zur Credit-Suisse-Historie und den verantwortlichen Personen bei CS, UBS und Bund. Lob für Karin Keller-Sutter, Kritik für Tidjane Thiam, respektvolle Erwartung für Sergio Ermotti.

Sergio Ermotti UBS
Die Rückkehr von Sergio Ermotti auf den CEO-Posten der UBS vor einem Jahr war nur für eine Übergangszeit geplant. (Archivbild) - keystone

Weltwoche-Journalist Roman Zeller hakt ebenso eloquent nach und stellt auch die kritischen Fragen zur Personalie Hässig. Und es ist ja auch nicht so, dass Lukas Hässig jetzt die UBS die allerschlimmste woke-wahnsinnige Firma fände. Den ersten Rang holt die UBS nur bei den Banken.

Nein, den Titel «Nummer 1 im Woke-Fieber» hat Hässig schon im Juni 2022 an den Rückversicherer Swiss Re vergeben. Also die Firma, wo der neue UBS-CEO Ermotti gerade noch Verwaltungsratspräsident ist. Ist das nun der endgültige, wenn auch farbenfrohe, Todesstoss für die Grossbank?

Granit Xhaka One Love
Der Captain der Schweizer Nati, Granit Xhaka, trägt die One-Love-Armbinde im Testspiel gegen Ghana als Vorbereitung auf die WM 2022 in Katar, am 17. November 2022. - Keystone

Wie gesagt, ich kenn mich da nicht so aus. Ich weiss nur, dass ein Regenbogen von Ultraviolett nach Blau, Grün, Gelb, Orange und Rot geht. Und sicher kein Schwarz enthält, oder Pink, wie die One-Love-Captain-Binde.

Bei der ganzheitlichen Betrachtung scheint es eher wenig wahrscheinlich, dass die UBS demnächst crashen würde – davon hat Lukas Hässig nämlich nicht gesagt. Ganzheitlich sollte man aber auch das Weltwoche-Video betrachten, nicht nur den links und rechts beschnittenen Schnipsel. Dann kommt auch das WWTV-Daily-Logo zur Geltung, in all seiner Pracht, Farben und… fataler Wokeness?

Roman Zellweger Lukas Hässig
«Weltwoche»-Journalist Roman Zellweger (links) interviewt Wirtschaftsjournalist Lukas Hässig zum Credit-Suisse-Debakel und den darin involvierten Personen wie Axel Lehmann. - Screenshot weltwoche.ch

Kommentare

User #3751 (nicht angemeldet)

Tja Diversität vor Dividende ist wohl keine kluge Business-Entscheidung.

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