Bundesrat will mit EU «vertikalen Ansatz» verhandeln
Das Wichtigste in Kürze
- Der Bundesrat hat eine Stossrichtung für das EU-Verhandlungspaket festgelegt.
- Es soll sektoriell vorgegangen werden: Einzelne Elemente werden in die Abkommen verankert.
- Mit dieser Strategie will der Bundesrat weitere Gespräche mit der EU führen.
Endlich gibt es eine Antwort in der Europapolitik. Die Europäische Union hatte vom Bundesrat verlangt, bis im Januar einen Fahrplan zu verabschieden. Dann wurde aber das WEF verschoben.
Heute aber ist der Bundesrat bereit aufzuzeigen, wie er im EU-Dossier weiter vorgehen will. Für weitere Verhandlungen wolle die Exekutive einen vertikalen Ansatz verfolgen. Hier sind die wichtigsten Punkte der Medienkonferenz:
– Anstatt eines Vertrags – wie es das Rahmenabkommen gewesen wäre – sollen die «institutionellen Fragen» in einzelnen Binnenmarktabkommen verankert werden. Die Streitpunkte zwischen der EU und der Schweiz sind immer noch folgende: Dynamische Rechtsübernahme, Streitbeilegung, Ausnahmen und Schutzklauseln.
–Der Bundesrat stellt aber auch in Aussicht, neue Binnenmarktabkommen abschliessen zu können. Insbesondere im Bereich Strom wäre das denkbar, aber auch im Lebensmittelsektor. Zudem will die Exekutive vorschlagen, sogenannte Assoziierungsabkommen in Bildung, Forschung und Gesundheit abzuschliessen. Assoziierung bedeutet, die Schweiz würde sich an die EU binden, aber nicht Mitglied werden.
– Möglich wäre auch eine stetige Bezahlung der Kohäsionsmilliarde an die EU.
– Der Bundesrat will parallel prüfen, wie der Ansatz innenpolitisch, primär bei den Sozialpartnern und den Kantonen, ankommt. Dafür zuständig ist Ex-Staatssekretär Mario Gattiker.
Was halten Sie vom Entscheid des Bundesrats bezüglich EU-Dossier?
– Es handle sich hier nicht um Verhandlungen, und der Bundesrat habe noch keine Details festgelegt. Die Schweiz wolle lediglich Gespräche mit der EU führen und ihren Vorschlag diskutieren.
Hier können Sie das Protokoll der Medienkonferenz lesen
12:50 Die SP findet es ihrerseits gut, dass sich der Bundesrat bewege. Den vertikalen Ansatz halten die Sozialdemokratinnen und -demokraten jedoch für unrealistisch. Die Partei verweist auf ihre EU-Roadmap, die «einen realistisch raschen Weg» liefern soll.
12:46 Die FDP meldet sich per Medienmitteilung: Sie begrüsse die «Vergrösserung des Verhandlungspakets». Auch der vertikale Ansatz sei der «erfolgversprechendste» Weg, sagen die Freisinnigen. Es folgt viel Lob für ihre beiden Bundesratsmitglieder.
12:42 Der Bundesrat glaubt, mit der sektoriellen Vorgehensweise bei der EU auf Verständnis zu stossen. Maros Sevcovic habe gesagt, «macht uns Vorschläge», so Cassis. «Er hat nicht gesagt, ‹macht uns Vorschläge, Komma, aber nicht...›»
12:25 Der Bundesrat wolle jetzt vorsichtig vorgehen und auch prüfen, «welchen Handlungsspielraum wir innenpolitisch haben». «Es hat sich alles geändert», sagt Cassis. «Es ist ein Neustart.»
Rote Linien seien noch keine festgelegt worden. Karin Keller-Sutter fügt hinzu, man wolle Gespräche ohne den Druck von Verhandlungen führen. «Aber letztlich haben wir nicht ewig Zeit», sagt sie.
12:20 Die Pharmaindustrie sei ein gutes Beispiel für den engen Rapport der EU und der Schweiz. Und die Medtec-Branche leide unter der aktuellen Situation besonders.
12:17 Als Letzter spricht Guy Parmelin, Wirtschaftsminister. Für die Schweizer Wirtschaft sei eine gute Beziehung zur EU unabdingbar. Die Europäische Union sei der wichtigste Handelspartner der Schweiz, unterstreicht Parmelin. Zudem seien die Produktionsketten eng miteinander verflochten.
12:12 Es sei essenziell, die Sozialpartner und die Kantone in die Gespräche einzubinden, sagt die Bundesrätin. Sie seien stark von der Personenfreizügigkeit betroffen.
Bei der grossen Mehrheit der Regulierungen der Schweiz und der EU bestünden keine Unterschiede, sagt Keller-Sutter weiter. Zudem seien Unterschiede nicht unzulässig; es gehe nur darum, Reibungsflächen im Interesse beider Parteien abzubauen.
Schweiz will «Reibungsflächen» mit EU reduzieren
12:07 Das Wort hat nun Justizministerin Karin Keller-Sutter. Ihr Departement habe in den letzten Monaten die Regelungsunterschiede zwischen der Schweiz und der EU analysiert. Inzwischen seien sie «politisch bewertet» worden. Es gehe darum, «die Reibungsflächen mit der EU zu reduzieren».
Bislang habe das EJPD die Bilateralen 1 angeschaut: Dazu gehört auch die Personenfreizügigkeit. In diesem Bereich könne die Schweiz eigenständig Regelungen abbauen, aber nicht ohne Gegenleistung, so Keller-Sutter.
12:04 Die Worte von Cassis sind deutlich: Ein Rahmenabkommen 2.0 wird es nicht geben. Das zentrale Anliegen sei «die wertebasierte Partnerschaft mit der Europäischen Union.»
Eine solche Partnerschaft sei heute wichtiger als je zuvor. Der Bundesrat habe zudem davon abgesehen, Details schon jetzt zu besprechen. Die Besprechungen sollen die nötigen Marge zur Verfügung haben.
12:00 Der Bundesrat wird im Anschluss an der Medienkonferenz auch ein paar Worte zur Situation in der Ukraine sagen. Doch zuerst beginnt Bundespräsident Ignazio Cassis die Medienkonferenz zur EU. Er zählt die Meilensteine der Verhandlung auf.