Cassis will sich von der EU nicht unter Zeitdruck setzen lassen
Nach den abgebrochenen Verhandlungen mit der EU im Mai hat sich Cassis mit dem Kommissions-Präsident getroffen. Er will sich nicht unter Druck setzen lassen.
Das Wichtigste in Kürze
- Im Mai brach Bundesrat Cassis die Verhandlungen mit der EU wegen Differenzen ab.
- Letzte Woche fand wieder ein erstes Treffen statt.
- Cassis wolle sich aber nicht von der EU unter Zeitdruck setzen lassen.
Nach dem Aus für das Rahmenabkommen mit der EU soll sich die Schweiz nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Dies hat Aussenminister Ignazio Cassis am Mittwoch am Europa Forum Luzern erklärt. Die Schweiz solle nun innenpolitisch klären, welche Beziehungen sie zu welchem Preis mit der EU wolle.
Das Europa Forum Luzern beschäftigt sich dieses Jahr mit den Beziehungen Europas mit China. An der Eröffnungsveranstaltung vom Mittwochabend im KKL Luzern stand aber vor allem die Beziehung der Schweiz zur Europäischen Union (EU).
Cassis spricht von «zunehmender Blockbildung»
Bundesrat Cassis sagte, es gebe auf der Welt eine zunehmende Blockbildung. Der Aussenminister nannte die USA, China, aber auch Russland. Der Ton werde rauer. Mittendrin sei Europa und die Schweiz.
Europa müsse in diesem Umfeld als geeinter Kontinent auftreten und in den wichtigen Fragen die Kräfte bündeln, sagte Cassis. Die Schweiz müsse dazu ihren Beitragen leisten.
Cassis betonte, dass die Schweiz und die EU mit über 100 bilateralen Abkommen eine sehr enge Beziehung hätten. Vieles funktioniere auch sehr gut. Der Bundesrat hatte im Mai dennoch die Verhandlungen zum Rahmenabkommen abgebrochen. Dies erklärte er damit, dass die Differenzen zu substantiell gewesen seien.
Dies sei kein einfacher, aber ein richtiger Entscheid gewesen, sagte Cassis. Nun sei der Weg frei für einen Neuanfang. Wohin die Reise gehe, könne er nicht sagen, aber die Schweiz habe die Chance, die Weichen neu zu stellen.
Zuerst: Innenpolitische Fragen klären
Die Schweiz müsse jetzt die innenpolitischen Fragen klären, sagte Cassis. Sie müsse klären, welche Beziehungen sie mit der EU zu welchem Preis haben wolle. Zu welchen Kompromissen sie bereit sei und ob sie bereit sei, die Konsequenzen zu tragen.
«Dies sind schwierige Fragen», sagte Cassis. Die Schweiz solle der EU keine unüberlegte Antworten geben und sich nicht unter Zeitdruck setzen lassen.
Cassis hatte letzte Woche EU-Kommissar Maros Sefcovic getroffen. Es war dies das erste offizielle Treffen seit dem Verhandlungsabbruch im Mai.
EU-Kommissar will erste Entscheidungen im Januar 2022
Sefcovic drückte aufs Tempo. Er forderte bis zum World Economic Forum (WEF) einen Fahrplan zur Lösung der für die EU wichtigen Fragen. Beispielsweise Themen wie Rechtsübernahme, Streitbeilegung, Staatsbeihilfe und einen regelmässigen Kohäsionsbeitrag. Das WEF findet im Januar 2022 in Davos statt.
Am diesjährigen Europa Forum Luzern gab es auch Kritik. Verschiedene Menschenrechtsorganisationen kritisierten in einem «Luzerner Manifest», dass die Menschenrechtsverletzungen in China kaum ein Thema an der Veranstaltung sei. Sie fordern ein entschlossenere Auftreten der Schweiz und der internationalen Gemeinschaft gegenüber der Volksrepublik. «Business as usual» sei keine Option.