Die Lungenliga will verhindern, dass künftig in die Tabakindustrie investiert wird. Sie lässt die Rechtfertigungen von Compenswiss und Publica nicht gelten.
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Die Lungenliga fordert, dass Publica und Compenswiss ihre Investitionen in die Tabakindustrie einstellen. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Eine Interpellation forderte, die Investitionen von Publica in Tabak einzustellen.
  • Der Bundesrat winkte ab, dies liege nicht in seiner Kompetenz.
  • Doch auch die Antwort der Pensionskasse des Bundes wirft einige Fragen auf.
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Die Pensionskasse des Bundes «Publica» verwaltet über 40 Milliarden Franken und investiert davon beträchtliche Summen in die Tabakindustrie. Das passt Ursula Schneider Schüttel, SP-Nationalrätin und Präsidentin der Lungenliga Freiburg, gar nicht. Im März 2022 wollte sie der Sache auf den Grund gehen und forderte per Interpellation Antworten vom Bundesrat. Ihr Ziel ist es, Investitionen in die Tabakindustrie aus der Pensionskasse Publica auszuschliessen.

Bundes-Investitionen «moralisch verwerflich»

«Meine Anliegen beim Einreichen der Interpellation war, dass nicht weiter in Konzerne investiert wird, die gesundheitsschädliche Produkte herstellen und verkaufen.» Vor allem Jüngere würden beim Tabakkonsum viel Schaden davontragen, erklärt sie gegenüber Nau.ch. «Mit weiterem Nachfragen versuche ich, Druck auszuüben, dass dem nachgegangen wird.»

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Ursula Schneider Schüttel ist Nationalrätin (SP) und Präsidentin der Lungenliga Fribourg. - Keystone

Nicht nur Investitionen in Tabakkonzerne sind der Nationalrätin ein Dorn im Auge: «Es wird auch in fossile Energien investiert oder in andere Unternehmen, die fragwürdige Praktiken wie Kinderarbeit durchführen.» Sie finde es moralisch verwerflich, in eine Praxis oder in ein Produkt zu investieren, die hierzulande nicht toleriert werden würde.

Befürworten Sie einen Ausstieg aus den Investitionen in die Tabakindustrie?

Bei den Magistraten fand sie aber kein Gehör für ihr Anliegen: Es liege nicht in der Kompetenz des Bundesrates, Anlageentscheide für die Pensionskasse des Bundes Publica zu treffen.

Auch AHV-Milliarden in Tabak investiert

Also wandte sich Claudia Künzli von der Lungenliga an Publica selbst und forderte sie auf, die Investitionen in Tabak einzustellen. Deren Entgegnung: Finanzinvestoren seien nicht geeignete Akteure, um gesellschaftliche Probleme zu lösen.

British American Tobacco
Zigaretten der British-American-Tobacco-Tochter Parisienne. - keystone

So hält die Pensionskasse der Beamten Anfang 2023 weiterhin Tabak-Aktien im Wert von rund 189 Millionen Franken, wie «24heures» berichtet.

Auch der AHV-Fonds Compenswiss investiert in Gas, Öl sowie Tabak. Die Bundesanstalt ist unter anderem für die Verwaltung der AHV-Gelder zuständig. Sie hat Anlagen bei British American Tobacco, Japan Tobacco International und Philip Morris.

Verzicht auf Investition würde 196-Millionen-Verlust bedeuten

Künzli forderte Compenswiss daraufhin auf, auf Investitionen in die Tabakindustrie zu verzichten. Deren Antwort war praktisch deckungsgleich mit der von Publica. Sie seien sich der Auswirkungen von Tabak auf die Gesundheit bewusst und für die Sache, die die Lungenliga vertrete, empfänglich.

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Claudia Künzli ist Leiterin Gesundheitsförderung und Prävention der Lungenliga. - Lungenliga

Aber: «Unsere Priorität ist es, die drei Sozialversicherungen in die Lage zu versetzen, langfristig die Zahlungen an die Versicherten zu leisten.» Im Jahr 2022 hätte ein Ausstieg aus Tabak-Investitionen zu einem Verlust von 196 Millionen geführt. Das entspreche einer individuellen AHV-Rente für rund 6820 Begünstige für die Dauer eines Jahres. Es gebe für die infrage stehenden Anlagen auch nicht genügend Alternativen, die denselben Gewinn abwerfen.

Keine Alternativen zu Tabak-Aktien?

Gegenüber Nau.ch legt die Lungenliga eine Analyse eines Anlagespezialisten offen, die das widerlegt. Dabei bezieht er sich auf den Aktien-Index «MSCI World», der rund 1'600 Firmen beinhaltet.

Philip Morris Tabak Zigaretten
Der Sitz von Philip Morris in Lausanne (Archivbild). - sda - KEYSTONE/LAURENT GILLIERON

«Circa die Hälfte der dort aufgeführten Firmen dürfte den Kriterien der Nachhaltigkeit (ESG) entsprechen, eine gute Diversifikation gewährleisten und immer noch genügend Gewinn abwerfen», erklärt Künzli.

Andererseits zeigen die ESG-Ratings der Stiftung «Ethos» bei einigen grossen Tabakfirmen, «dass Kinderarbeit und Steuerhinterziehung in den vergangenen Jahren gang und gäbe war.» Das seien Verstösse, die von der Schweizer Gesetzgebung nicht toleriert werden. Für Compenswiss und Publica sollte dies als Ausschusskriterium betrachtet werden, so Künzli.

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