Massnahmen gegen «Regulierungsflut» scheiden die Geister

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Bern,

Der Vorschlag des Bundesrats gegen die «Regulierungsflut» sorgen für geschiedene Geister bei den Schweizer Parteien.

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Das Bundeshaus in Bern. (Archivbild) - sda - Keystone/THOMAS HODEL

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bundesrat brachte einen Vorschlag für eine Regulierungsbremse.
  • Die Parteien könnten nicht unterschiedlichere Meinungen haben.
  • So lehnen linke Parteien den Vorschlag ab, konservative Parteien liebäugeln.

Für Wirtschaft und Bürgerliche das Heilsversprechen gegen die «Regulierungsflut», für Linke und Nichtregierungsorganisationen ein Deregulierungsversuch zulasten von Gesellschaft und Umwelt: Die Reaktionen auf den bundesrätlichen Vorschlag für eine Regulierungsbremse und für ein Gesetz zur Senkung der Regulierungskosten fallen kontrovers aus.

Erreicht Regulierungsbremse qualifiziertes Mehr?

Zurück gehen die beiden Entwürfe auf Vorstösse der FDP und der SVP, welche die bürgerliche Mehrheit im Parlament überwies. Die Regulierungsbremse soll neu in die Bundesverfassung und entsprechend ins Parlamentsgesetz eingeführt werden.

AHV Vorlage Nationalrat
Der Nationalrat während der Frühlingssession. - Keystone

Sie verlangt das qualifizierte Mehr von 101 Stimmen im National- und von 24 Stimmen im Ständerat. Dies, weil die Regulierungen mehr als 10'000 Unternehmen betreffen und in zehn Jahren über 100 Millionen Franken Regulierungskosten verursachen.

Bundesrat will Regeln auf Entlastungspotential abklopfen

Mit dem Gesetz zur Unternehmensentlastung von Regulierungskosten will der Bundesrat bestehende und neue Regeln konsequent auf Entlastungspotenzial abklopfen. Regulierungskosten sollen vorgängig abgeschätzt, regelmässig überprüft und mittels Monitoring kontrolliert werden.

Ausdrücklich begrüssen die bürgerlichen Parteien und die Wirtschaft die Regulierungsbremse und das Gesetz. Die Interessen der Unternehmen würden gegenüber anderen von Umwelt oder Gesellschaft leicht höher gewichtet.

SVP und FDP mit Kritik an Bremse

Die FDP rühmt die präventive Wirkung gegen die «Regulierungsflut». Wie die SVP und der Schweizerische Gewerbeverband (SGV) bemängelt sie aber, dass der Bundesrat keine unabhängige Kontrollinstanz mit der Abschätzung der Regulierungskosten betrauen will.

Die Gefahr bestehe, dass das regulierende Departement die Kosten herunterspielt, gibt die SVP zu bedenken. Auch die Mitte tendiert zu einer unabhängigen Instanz. Diese könnte nicht nur die Kosten besser schätzen, sondern auch eine einseitige Konzentration auf die Kostenperspektive verhindern.

Fabio Regazzi
SGV-Präsident Fabio Regazzi. (Archivbild) - sda - KEYSTONE/PETER SCHNEIDER

Einhellig befürworten SVP, FDP, Mitte und Gewerbeverband auch das Unternehmensentlastungsgesetz. Der Entwurf biete die gesetzlichen Grundlagen, um bestehende und künftige Regulierungen auf Entlastungspotenzial zu überprüfen, schreibt die FDP.

Aber auch hier fehlt ihr die unabhängige Prüfinstanz. Die SVP, welche den Anstoss zum Gesetz gab, fordert, dass bei der Umsetzung Grundsätze einer «guten Regulierung» laufend überwacht werden.

Der SGV sieht in Bremse und Entlastungsgesetz den «Plan B» nach dem Aus für das Rahmenabkommen der Schweiz mit der EU und eine veritable Vitalisierungskur für die Schweizer Wirtschaft.

Grünlieberale lehnen die Bremse ab

Die Grünliberalen lehnen die Regulierungsbremse aus Angst vor weiteren politischen Blockaden ab. Dagegen loben sie das Unternehmensentlastungsgesetz, das Regulierungskosten möglichst genauen Schätzungen unterstellen wolle. Ebenso dürfte die zentrale Plattform die bürokratischen Lasten erleichtern.

Gar nichts von Bremse und Gesetz halten SP, Grüne, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen. Sie kritisieren, die Regulierungsbremse schaffe eine neue Kategorie von Gesetzen.

Der Ständerat debattierte heute über das Budget.
Der Ständerat debattierte heute über das Budget. - Keystone

Sie stelle eine völlig ungerechtfertigte Privilegierung ökonomischer Interessen Einzelner zulasten der Allgemeinheit dar, schreibt die SP. Ökonomische, gesellschaftliche und soziale Anliegen gerieten ins Hintertreffen.

Die Kosten würden eine falsche und gefährliche Priorität erhalten, halten SP wie Grüne fest. Diese einseitige Perspektive verkenne, dass Regulierungen nicht dem Selbstzweck sondern einem gesellschaftlichen Nutzen dienen, schreiben die Grünen.

Vorschlag würde Innovationen behindern

Für den Schweizerischen Gewerkschaftsbund (SGB) behindert der Vorschlag zusätzlich die Innovationen. Statt auf Deregulierung sollte der Staat auf Service Public setzen. Dieser funktioniere mit einem Versorgungsauftrag. Eine deregulierte Versorgung ziehe einen Rattenschwanz an Verordnungen nach sich.

Die Nichtregierungsorganisation Public Eye (Erklärung von Bern) hält die Bremse für «brandgefährlich» und einen dreisten Deregulierungsversuch. Die private Gewinnmaximierung auf Kosten von Menschen und Umwelt werde legitimiert.

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