Matthias Jauslin kontert Vorwürfe der FDP nach seinem Parteiwechsel
Nationalrat Matthias Jauslin wechselt von der FDP zur GLP. Dass er dies nicht schon vor den Wahlen tat, habe Gründe, sagt er zu Nau.ch.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Aargauer Nationalrat Matthias Jauslin wechselt von der FDP zur GLP.
- Er bestreitet, diesen Schritt schon vor den Wahlen 2023 beabsichtigt zu haben.
- Die FDP liegt so noch mehr hinter der «Mitte», wenn es um Bundesratssitze geht.
Das Parlament hat seinen neusten Aufreger: Der Aargauer Nationalrat Matthias Jauslin hat genug von der FDP und läuft zu den Grünliberalen über. Dort sei er sehr willkommen, lässt GLP-Präsident Jürg Grossen verlauten: Als Unternehmer sowie Energie- und Verkehrspolitiker passe dieser gut zu den Grünliberalen.
Die FDP wirft Jauslin prompt vor, er hätte sich diesen Schritt schon vor den Wahlen im Herbst 2023 überlegen sollen. Das mag dieser aber nicht gelten lassen – und lässt durchblicken, was der eigentliche Auslöser war: «In den Wahlen 2023 war nicht klar für mich, dass mich die FDP aus der Urek werfen würde.» Die FDP-Fraktion vergab Jauslins Sitz in der Umwelt-, Raumplanungs- und Energiekommission (Urek) einfach an Hardliner Christian Wasserfallen.
Entscheid lange offen
Deshalb betont Jauslin gegenüber Nau.ch: Er habe vor den Wahlen nicht damit rechnen müssen, nach den Wahlen nicht mehr in der Kommission Mitglied zu sein. Doch nach acht Jahren als FDP-Nationalrat gab Jauslin seiner Partei noch eine Chance.
«Ich habe jetzt ein Jahr lang mitgearbeitet, um zu sehen, wie sich der Kurs der FDP entwickelt.» Ganz offensichtlich genügte dies nicht, um Jauslin wieder umzustimmen. So sei es nichts als konsequent, wenn er jetzt austrete, findet Jauslin. Und umgekehrt «die FDP nicht mit jemand arbeiten muss, der ihre Meinung nicht teilt.»
Auch GLP-Fraktionspräsidentin Corina Gredig sieht den Fehler nicht bei ihrem Neuzugang. «Für Matthias Jauslin war immer klar, dass das Allgemeinwohl im Zentrum steht. Das war schon immer so, aber da hat sich die FDP offensichtlich verändert.»
In Online-Kommentaren werden Vergleiche gezogen mit dem Fall der Zürcher Kantonsrätin Isabel Garcia. Diese ging vor zwei Jahren den umgekehrten Weg und wechselte von der GLP zur FDP. Sehr zum Ärger der Grünliberalen, denn der Eklat folgte lediglich zwei Wochen nach den Wahlen.
Nicht so bei Jauslin: «Wir haben tatsächlich schon dieses Jahr Legislatur-Halbzeit. Und es ist seit den Wahlen im Herbst 2023 viel Wasser den Rhein hinuntergeflossen», betont Gredig.
Erst recht nichts wissen will die GLP-Fraktionschefin von Forderungen, Jauslin müsse aus dem Nationalrat zurücktreten und einem FDPler Platz machen. «Nein, das sehe ich nicht: Er hat ja seine Haltung nicht geändert. Die Wählerinnen und Wähler haben diese gekannt und darauf gesetzt, dass er diese so vertreten wird im Parlament.»
Muss FDP wegen Jauslin erst recht um Bundesratssitz bangen?
Mit dem Parteiwechsel von Matthias Jauslin gerät die FDP aber noch mehr ins Hintertreffen gegenüber der Mitte-Partei. Das wird insbesondere dann relevant, wenn es um die Verteilung der Bundesratssitze geht. Die FDP stellt mit Ignazio Cassis und Karin Keller-Sutter zwei Bundesratsmitglieder, die Mitte mit Viola Amherd nur eines.
Matthias Jauslins Rolle könnte auf zwei Arten relevant werden. «Falls Cassis zurücktritt, kann man von einem sehr engen Rennen ausgehen. Dann zählt jede Stimme«, gibt Politologe Michael Hermann zu bedenken. «Wenn es darum geht, die FDP-SVP-Mehrheit zu brechen und die Grünen, SP und Mitte zusammenspannen, kann ein Jauslin entscheidend sein. "
Wobei, räumt Hermann vielsagen ein: «Wir wissen natürlich nicht , ob er auch als FDP-Mitglied in einer solchen Situation gegen die FDP gestimmt hätte. Bundesratswahlen sind ja geheim.»
Bereits jetzt hat die Mitte mehr Parlamentssitze (44) als die FDP (neu 38). Bei den Wahlen 2027 wird es wohl weitere Verschiebungen geben – und die Rechenspiele laufen bereits. Wird das Aargauer Stimmvolk nebst dem alteingesessenen Beat Flach auch Neo-GLPler Matthias Jauslin als zweiten Grünliberalen wählen? Oder werden eher Parteien als Personen gewählt und die Stimmanteile bleiben mehr oder weniger gleich?
Derart weit vorausblicken wollen indes weder Jauslin noch Gredig. «Für mich ist jetzt zuerst einmal ein wichtiger Schritt gemacht», sagt dazu Matthias Jauslin. Und Corina Gredig ergänzt: «Im Vordergrund steht, dass sich Herr Jauslin in der Fraktion integriert.» Das sieht auch Jauslin als Priorität – «die Wahlen 2027 sind noch viel zu weit weg», bilanziert der 62-Jährige.