Migranten in Corona-Betten erregen Gemüter im Parlament
Der Anteil an Migranten unter schwer erkrankten Corona-Patienten soll sehr hoch sein. Das sorgt in der Wandelhalle des Bundeshauses für Zündstoff.
Das Wichtigste in Kürze
- Gerüchten zufolge sind 70 Prozent der Corona-Betten mit Migranten belegt.
- SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi will nun Antworten vom Bundesrat.
- SP-Nationalrätin Samira Marti zweifelt die Zahlen an und spricht von «reinem Rassismus».
Ganz so sicher scheint sich die «Basler Zeitung» auch nicht zu sein. Sie legt sich aber dennoch fest auf 70 Prozent: «Gefühlt» gebe es viele Corona-Patienten mit Migrationshintergrund auf den Intensivstationen.
Zahlen dazu gibt es allerdings keine, denn die Spitäler erheben primär medizinische Daten. Aber das Thema ist lanciert und kommt im Parlament sehr unterschiedlich an.
Sprachbarriere bei Corona-Massnahmen
Ganz abwegig ist die Vermutung zwar nicht. Zwar nicht bei den Intensivpatienten, aber bei den Neuansteckungen vermuten die Behörden des Kantons Baselland überdurchschnittlich viele Personen mit Migrationshintergrund. Wohl etwa 40 Prozent, denn die nicht deutschsprachigen Bevölkerungsgruppen erreiche man nicht genügend. Statistisch belegt ist das allerdings nicht.
SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi überrascht solches nicht, sondern bestätigt seine Einschätzung. «Die SVP hat das schon länger vermutet, aber trotzdem bin ich schockiert.»
SVP will Antworten vom Bundesrat
Mit einem Nau.ch vorliegenden Vorstoss verlangt Aeschi umgehend Klärung durch Bundesrat Alain Berset. «‹Corona-Heimkehrer› aus dem Balkan und Wirtschaftsmigranten aus Afrika und arabischen Ländern besetzen unsere Spitalbetten» lautet der Titel.
«Es zeigt sich eben doch, dass das Virus eingeschleppt wird», schlussfolgert Aeschi. «Dass vielleicht auch Ausländer, die wissen, wie gut das Schweizer Gesundheitswesen ist, extra in die Schweiz kommen und dann hier krank werden. Vielleicht schon infiziert die Grenze überschreiten um dann in einem Schweizer Spital, mit sehr hohem Standard, behandelt werden zu können.»
«Reiner Kultur-Rassismus»
Gerüchte und Sensibilitäten in den Spitälern stünden hinter solchen Berichten, sagt dagegen SP-Nationalrätin Samira Marti. Von Namen werde auf Nationalitäten geschlossen, was problematisch sei. Andererseits kritisiert sie diese Herangehensweise grundsätzlich: «Es ist völlig egal, welche Nationalität oder welchen Namen jemand hat. Wir wollen einfach möglichst wenige Personen an Corona verlieren.»
Marti vermutet ganz andere Gründe für die ungleichmässige Corona-Verteilung in der Bevölkerung. Hier zeige sich wohl: Ärmere Bevölkerungsgruppen, am Rande des Existenzminimums und in besonders exponierten Jobs steckten sich auch eher an. «Sei das im öffentlichen Dienst, sei es in der Pflege selbst oder auch in der Stadtreinigung ist man dem Virus viel stärker ausgesetzt.» Hinzu komme, dass sich die soziale Ungleichheit im Land in den letzten Monaten noch verschärft habe.
Zur Vorhaltung, das Virus sei von Migranten eingeschleppt worden, die dann auch noch weniger diszipliniert die Regeln befolgten, sagt Marti: «Das ist reiner Rassismus. Kultur-Rassismus, anders kann man dem nicht sagen.» Wahrscheinlich hätten auch in der Pflege 70 Prozent einen ausländischen Pass – nur werde der deutsche Pass dann nicht unter solche kultur-rassistische Ressentiments eingeordnet.