Coronavirus: Fake News um Schweizer Intensivstationen

Alexandra Aregger
Alexandra Aregger

Bern,

Das Coronavirus treibt das Schweizer Gesundheitswesen ans Limit. Doch noch sind viele Betten frei. Ausländische Medien behaupten das Gegenteil. Wie kam es dazu?

Coronavirus
Im Falle einer Durchseuchung dürften die Intensivstationen an ihre Grenzen stossen. - Universität Basel

Das Wichtigste in Kürze

  • In der Schweiz sind derzeit rund 890 Intensivbetten in den Spitälern belegt.
  • Neben zertifizierten Intensivbetten wurden nicht zertifizierte «Ad Hoc»-Betten geschaffen.
  • Obwohl viele Betten frei sind, berichten ausländische Medien über volle Stationen.

Täglich werden derzeit rund 200 Corona-Patienten in Schweizer Spitäler eingewiesen. Seit die Anzahl Infizierter vor einigen Wochen plötzlich in die Höhe schnellte, ist der Bund alarmiert.

Denn für alle ist klar: Die zweite Welle des Coronavirus darf die Schweizer Spitäler nicht überlasten. Glaubt man jedoch Berichten aus Deutschland, ist das Worst-Case-Szenario bereits eingetroffen!

«Alle Intensivbetten in der Schweiz belegt», schrieb etwa die Online-Ausgabe des «Spiegel» am Dienstagabend.

Coronavirus
Glaubt man dem «Spiegel», hat die hohe Anzahl an Infizierten mit dem Coronavirus in der Schweiz bereits zur Erreichung der Intensivbetten-Kapazitäten geführt. - Spiegel Online

Auch das deutsche «Ärzteblatt» titelt gross: «Intensivbetten in der Schweiz sind voll belegt». Die Nachricht schaffte es gar auf die andere Seite des grossen Teiches. Auch die «New York Times» schrieb: «Alle Schweizer Intensivbetten sind voll.»

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Die «New York Times» berichtete am Dienstag über voll belegte Schweizer Intensivbetten wegen dem Coronavirus. - Screenshot Twitter

Doch das stimmt in dieser Form definitiv nicht. Was liegt der Zeitungsente aber zugrunde?

1600 mögliche Zusatz-Betten vergessen?

Kurz nachdem das BAG und der Koordinierte Sanitätsdienst (KSD) am Dienstag vor die Medien traten, veröffentlichten die Intensivmediziner eine Medienmitteilung. Die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin (SGI) führte darin die bereits vom KSD erklärte Situation aus.

Andreas Stettbacher
Andreas Stettbacher, Delegierter des Bundesrates für den Koordinierten Sanitätsdienst. - Keystone

«Vollständige Auslastung zertifizierter und anerkannter Intensivbettenkapazitäten», schrieb die SGI zunächst. Doch schon im ersten Abschnitt konkretisieren die Mediziner. Lediglich die 876 zertifizierten und anerkannten Intensivbetten seien «aktuell praktisch vollständig belegt».

Eine Überlastung konnte bisher verhindert werden, weil einerseits viele nicht dringende Eingriffe und Behandlungen verschoben wurden. Andererseits, und hier der zentrale Punkt, durch die Schaffung weiterer Intensivbetten. Rund 240 zusätzliche nicht zertifizierte Plätze wurden geschaffen, und können nochmals auf insgesamt 1400 ausgebaut werden.

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Ein Pfleger kümmert sich um einen Patienten während seines Aufenthalt im Spital. - dpa

22 Prozent der Intensivbetten für Patienten mit oder ohne Coronavirus frei

Betrachtet man die Situation heute Donnerstag, ergibt sich ein weitaus weniger schlimmes Bild. Gemäss dem Koordinierten Sanitätsdienst sind 891 Betten auf den Intensivstationen belegt. Frei sind deren 256, also rund 22,3 Prozent.

Eingerechnet sind auch Patienten ohne Coronavirus.

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Die Grafik zeigt die Anzahl Patienten auf den Intensivstationen über die letzten 10 Tage: Die graue Linie zeigt die Patienten mit Coronavirus, die rote Linie Patienten ohne das Virus. - Koordinierter Sanitätsdienst

Auf die Verwirrung bei ausländischen Medien will die Schweizerische Gesellschaft für Intensivmedizin auf Anfrage nicht näher eingehen. Präzisiert gegenüber Nau.ch aber, dass sich die Stellungnahme auf die 876 zertifizierten Intensivbetten für Erwachsene bezogen habe.

Durch die Erweiterung der «Ad Hoc»-Betten seien die Intensivstationen «aktuell nicht schweizweit überlastet», stellt die SGI klar. Bis anhin haben die «New York Times» und Co. keine Richtigstellung publiziert.

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