Mitte-Chef Pfister: «Müssen uns auf Wohlstandsverlust einstellen»
Die Schweiz wird sich künftig wie im Kalten Krieg auf der Weltbühne klar positionieren müssen, glaubt Mitte-Chef Gerhard Pfister.
Das Wichtigste in Kürze
- Gerhard Pfister will, dass die Schweiz China und Russland entschiedener entgegentritt.
- Der Mittechef sagt: «Die Zeit des naiven Liberalismus ist vorbei.»
«Das wird wieder einen Preis haben», sagte er in einem am Dienstag veröffentlichten Interview mit den Tamedia-Titeln. «Wir müssen uns auf einen Wohlstandsverlust einstellen», so Pfister.
Die Schweiz stehe auf der Seite der westlichen Demokratien. Dabei gehe es um fundamentale Werte wie Freiheit und Souveränität. «Wir müssen entscheiden, was uns wichtiger ist: der Einsatz für die Demokratie oder die wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen in diesen Regionen.» Im Zweifelsfall stehe die Verteidigung der Demokratie über Wirtschaftsinteressen.
«Unsere pragmatische, teils opportunistische Aussenpolitik funktioniert nicht mehr», sagte Pfister. «Die aktuelle geopolitische Entwicklung läuft auf einen Kampf zwischen den demokratischen und den autokratischen Staaten hinaus.» Das werde unangenehm. Aber: «Die Zeit des naiven Liberalismus ist vorbei.»
«Bundesrat muss sich vor der Geschichte verantworten»
Für den Mitte-Chef lässt sich Neutralität nicht durch Adjektive oder Konzepte definieren. «Sondern dadurch, was der Bundesrat im konkreten Konflikt im Landesinteresse tut.» Diese Verantwortung zu entscheiden könne die Regierung nicht durch das Abfassen von Berichten delegieren. «Dafür ist er gewählt und muss sich vor der Geschichte verantworten.»
Der Erfolg des westlichen Gesellschafts- und Wirtschaftsmodell beruhe auf Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit des Privateigentums und sozialer Wohlfahrt. Darum sei es mit Abstand das attraktivste. Sollen diese Gesellschaft und Werte erhalten bleiben, müssten sie gegen Angriffe behauptet werden. «Heute wird die Schweiz auch in Kiew verteidigt», ist Pfister überzeugt.
Dazu gehöre auch, dass die Schweiz das Verhältnis zur EU kläre. «Die Ukraine-Krise verdeutlicht den breiten Konsens in der Schweiz, dass wir uns als europäisches Land verstehen», so Pfister.