MWST fällt: Gibt es demnächst auch Gratis-Tampons in der Schweiz?
Nach der Senkung der Mehrwertsteuer für Menstruationsartikel bleibt es blutig: Die einen wollen sie nun gratis, die anderen sprechen von Rasierklingen.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Ständerat hat die Motion für eine tiefere «Tampon-Steuer» angenommen.
- Jetzt werden Forderungen für gratis Menstruationsprodukte in öffentlichen Gebäuden laut.
- Ein SVP-Ständerat argumentierte, dass Rasierklingen gleich besteuert werden sollten.
Endlich ist es so weit: Am Dienstag verabschiedete der Ständerat eine Motion, dass neu für Damenhygieneartikel der reduzierte Mehrwertsteuersatz gilt, also 2,5 Prozent. Der Nationalrat winkte diesen Vorstoss bereits im Jahr 2019 durch. «Alles andere wäre auch ‹bloody unfair›», sagte Franziska Ryser (Grüne/SG) damals.
Gratis-Tampons im Bundeshaus – und generell?
Die Schweiz folgt somit dem Beispiel von europäischen Ländern wie Spanien, Grossbritannien und Deutschland. Ein Erfolg vor allem für das linke feministische Spektrum der Politik, die diese Forderung schon lange stellten.
Hurra die Tamponsteuer ist gefallen! 🤩 Jetzt Deine Petition für Gratis-Hygieneprodukte unter 👉 diesem Link starten: https://t.co/XNR0Mfuo87 pic.twitter.com/1XYCQdafFP
— campax (@campaxorg) February 28, 2023
Doch ist damit genug? Die Organisation Campax, die sich für die Senkung einsetzte, feierte den Entscheid des Ständerats zwar. Der Tweet wurde aber direkt mit der nächsten Forderung abgeschlossen: Gratis Menstruationsartikel in öffentlichen Gebäuden. Mit gutem Beispiel gingen die Aktivistinnen voran und verteilten im Bundeshaus gratis Binden.
Ist das also der nächste politische Schritt, der eingeleitet wird? Ja, wie Ryser im Gespräch mit Nau.ch erklärt.
SP-Funiciello: «Periodenarmut» bei Schülerinnen
Tampons und Binden sollten «nicht unbedingt gratis im Supermarkt» sein. «Aber in öffentlichen Gebäuden und Schulen sollten diese gratis zur Verfügung gestellt werden. Insbesondere dort, wo es Frauen und Mädchen hat, die noch nichts oder nicht viel verdienen.»
Dem schliesst sich Tamara Funiciello (BE/SP) an. Hygieneartikel müssen in öffentlichen Gebäude «auf jeden Fall» gratis sein. «Ob man es wahrhaben will oder nicht: Bei Schülerinnen gibt es nun mal die ‹Periodenarmut›.»
Erich Hess (SVP) kann das nicht nachvollziehen: «Das sind persönliche Hygiene-Artikel, dafür soll man auch persönlich bezahlen.»
Zu einem Vorstoss wird es wohl nicht kommen. Es handle sich hier vermutlich um eine kantonale Angelegenheit, so Funiciello. «Die meisten öffentlichen Gebäude, insbesondere die Schulen, werden von den Kantonen verwaltet.»
Gleiches Recht für Männer und ihre «blutigen» Rasierklingen
Hannes Germann (V, SH) schlug während der Ständeratssitzung der Frühjahrssession die Brücke zu Rasierklingen. Er hoffe, «dass das, was blutig machen kann, wie z. B. Rasierklingen und dergleichen, letztlich auch zum tieferen Satz besteuert wird.»
Immerhin handle es sich dabei zwar nicht um Artikel für die Monatshygiene, trotzdem sind es Hygieneartikel für den täglichen Gebrauch.
Funiciello kann sich der Forderung nach tiefer besteuerten Rasierklingen anschliessen. Sie sei immer dafür, die Mehrwertsteuer zu senken. «Solange man im Gegenzug die Reichensteuer erhöht.»
Verhalten äussert sich Ryser: «Man sollte nicht jedes Mal bei einem Gleichstellungsthema auch noch eine Forderung zugunsten der Männer mit dranhängen wollen. Aber auch da gilt: Wegwerfprodukte wie Einwegrasierer sollten prinzipiell vermieden werden.»
Hess grätscht mit einer ablehnenden Haltung in den Diskurs. Das nehme dann ja kein Ende. «Nach den Rasierklingen kommen dann die Gratis-Kondome und die Gratis-Pille?»
Es habe doch jeder bestimmte Auslagen, argumentiert er. «Ich gehe auch einmal im Monat zum Coiffeur und bezahle das selbst.»