Nachrichtendienst des Bundes: Virtuelle Agenten auf sozialen Medien
Der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) will künftig «virtuelle Agenten» zur Extremismus- und Terrorismusbekämpfung einsetzen – auf sozialen Netzwerken.
Das Wichtigste in Kürze
- Der Nachrichtendienst des Bundes will künftig «virtuelle Agenten» im Internet einsetzen.
- Der NDB orientiert sich dabei an seinen Partnerdiensten im Ausland.
- Die Agenten sollen «nachrichtendienstlich relevante Daten» auf sozialen Medien sammeln.
Wie «SRF» berichtet, will der Nachrichtendienst des Bundes (NDB) ab Ende Jahr mit «virtuellen Agenten» in sozialen Netzwerken auf Verbrecherjagd. Man müsse sich «an die Entwicklungen der Bedrohungen in der virtuellen Welt» anpassen, erklärt die dem VBS unterstellte Behörde.
Der Schritt geschehe angesichts der Notwendigkeit, die eigenen Fähigkeiten zu entwickeln, um weniger von internationalen Partnern abhängig zu sein. Man habe beispielsweise bei der Terrorismusbekämpfung bereits mehrmals von Ergebnissen profitiert, welche ausländische Partnerdienste mit «virtuellen Agenten» gewonnen hätten.
Aufsichtsbehörde will das Projekt eng begleiten
Die unabhängige Aufsichtsbehörde über die nachrichtendienstlichen Tätigkeiten (AB-ND) will das Projekt eng begleiten und eine Prüfung zum Start desselben durchführen. Wie das Vorhaben im Detail ausgestaltet sein werde, werde die Aufsichtsbehörde daher aus erster Hand erfahren, erklärt Leiterin Prisca Fischer.
Demnach sollten «virtuelle Agenten» mit Tarnidentitäten ausgestattet werden und in sozialen Netzwerken «nachrichtendienstlich relevante Daten» sammeln. Wie viele dieser Agenten zum Einsatz kommen werden und welche Fähigkeiten sie haben sollen, gibt der NDB indes nicht bekannt.
Laut geltendem Gesetz muss jede dieser Tarnidentitäten von Verteidigungsministerin Viola Amherd einzeln bewilligt werden. Ferner sind Bewilligungen auf fünf Jahre befristet und können um höchstens drei weitere Jahre verlängert werden. Der Nachrichtendienst des Bundes ist der Ansicht, dass es für das Vorhaben keine Gesetzesanpassung brauche: Der bestehende Gesetzesrahmen sei für Aktivitäten in der virtuellen Welt auch anwendbar.
Reagiert der Nachrichtendienst des Bundes zu spät?
Vor dem Hintergrund der wachsenden Notwendigkeit der Cybersicherheit hatte der Bundesrat erst kürzlich beschlossen, ein entsprechendes Bundesamt zu schaffen. Dass auch der NDB diesem Bedeutungszuwachs Rechnung trägt, scheint daher ein sinnvoller Schritt zur Extremismusbekämpfung zu sein.
Für einige Experten kommt der Schritt allerdings schon zu spät, wie der belgische Historiker und Arabist Pieter Van Ostaeyen erklärt. Die Moderation auf den meisten Plattformen sei gegenwärtig viel strenger als früher, erläutert er gegenüber «SRF». Aus diesem Grund dürfte es heute schwieriger sein, in den sozialen Medien neue Netzwerke aufzudecken.