Nagra verteidigt ihre Auslandsreisen für Politiker

Die Nagra spendiert Hunderten Politikern Reisen ins Ausland, um Atommülllager zu besichtigen. Experten warnen vor Korruptionsgefahr, der Bundesrat sagt OK.

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Arbeiter im Mont Terri Forschungslabor in St. Ursanne. - Keystone

Das Wichtigste in Kürze

  • Dass die Nagra seit Jahren zu sogenannten Informationsreisen einlädt, irritiert.
  • Doch Bundesanwaltschaft und Bundesrat sehen in der Praxis kein Problem.
  • Die Nagra erklärt: Es sei ihr Auftrag zu informieren.

Die Nagra lädt über 750 Schweizer Kantonal- und National-Politiker auf eine Auslandsreise ein. Die 1800 Franken für Charterflug, Übernachtungen, Verpflegung übernimmt die Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle. Finanziert ist sie über Beiträge der Strombeziehenden, also der Bevölkerung.

Für Transparency International Schweiz ist der Fall hochproblematisch. Zudem seien sie demokratiepolitisch fragwürdig, das Vertrauen in die Politik stehe auf dem Spiel. Dieser Meinung sind auch die Ratsbüros des Parlaments. Sie raten von einer Annahme der Nagra-Einladung ab, ausser man bezahle die Reise aus der eigenen Tasche.

Bundesrat weiss Bescheid

Es ist daher etwas überraschend, dass beim Bundesrat die Praxis längst bekannt ist. Die Nagra organisiert solche «Informationsreisen» bereits seit den 1980er-Jahren. Auf eine kritische Anfrage verteidigte er 2014 die Finanzierung dieser Reisen, die Teil des Informationskonzepts der Nagra seien.

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Programme gemäss Einladung der Nagra. - zVg

Die Entsorgung, die Forschung und der Bau der Anlage gehören zum Atomstrom dazu, bestätigt auch die Nagra, weshalb der Kunde dafür bezahle, wenn er Atomstrom beziehe. Pro Kilowattstunde zahlt der Stromkonsument einen Rappen in den Stilllegungs- und Entsorgungsfonds.

Ebenso gehöre die Informationsarbeit und damit die Auslandsreisen dazu, erklärt Patrick Studer, Mediensprecher bei der Nagra: «Die Kosten dieser Reise sind im Vergleich zu der Wichtigkeit dieser Aufgabe eine kleine Investition.»

Nagra wehrt sich gegen Vorwurf der Beeinflussung

Doch wie wehrt sich die Nagra gegen den Vorwurf, sie würde mit diesen Informationsveranstaltungen die politischen Entscheidungsträger beeinflussen versuchen? «Wir sehen uns in der Pflicht, die Politik angemessen über den Stand der Dinge zu informieren», so Studer. Dazu gehöre auch der Besuch von bereits existierenden Anlagen.

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Das Bundeshaus in Bern. - Keystone

«Wir sind überzeugt, dass diese Informationsreisen sinnvoll, ausgewogen und daher angemessen sind.» Erfahrungsgemäss würde sich ohnehin nur ein kleiner Teil der Eingeladenen Zeit für die Reise nehmen, ergänzt Studer.

Jeweils nur wenige Teilnehmer

Konkret: «Die Kosten für die Reise innerhalb der Schweiz betragen pro Teilnehmer 300 Franken. Bei maximal zwanzig Teilnehmern betragen die Gesamtkosten 6000 Franken.» Die dreitägige Auslandsreise koste pro Teilnehmer 1800 Franken, total 54'000 Franken bei maximal 30 Teilnehmern, die im gecharterten Flugzeug Platz haben.

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Die Nagra lädt Politiker auf Reisen ein. - Keystone

«Manchmal organisieren wir zweitägige Reisen nach Deutschland», legt Studer weiter offen. «Die Kosten für diese Reisen betragen knapp 1200 Franken pro Teilnehmer, die Gesamtkosten 36'000 Franken

Bundesanwaltschaft stellt Verfahren ein

Bei der Aargauer Staatsanwaltschaft handelte sich die Nagra 2018 dennoch den Verdacht auf Vorteilsgewährung ein. Obwohl dies ein Offizialdelikt ist, ging die Behörde der Sache erst nach einer anonymen Anzeige nach.

Die Bundesanwaltschaft prüfte den Fall und kam Ende 2018 zum Schluss, dass bei den Nagra-Informationsreisen die Straftatbestände der Vorteilsgewährung und -annahme nicht erfüllt seien und folglich kein Verfahren eröffnet würde.

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