Neuer Bundesratsjet: Abgehobener Bundesrat?
Executive Lounge, Liegesessel und zu hohes Gewicht für die kurze Landebahn in Bern-Belp: Der neue Bundesratsjet hat es in sich. Zu viel? Ein Kommentar.
Das Wichtigste in Kürze
- Der neue Bundesratsjet sieht sehr luxuriös aus.
- Ausserdem braucht er mehr Anlauf, als das Belpmoos zu bieten hat.
- Ein Problem? Zwei? Ein Kommentar.
Potz Protz: Wenn man sich die Broschüre des Herstellers Bombardier anschaut, dann kauft sich der Bundesrat da ein veritables Luftschloss. Die Bombardier Global 7500 kommt in Gold-Tönen daher, die Sitze seien eine aviatische Revolution und als Passagiere sind gutaussehende Menschen zugelassen in Anzug und Krawatte oder wenn schon krawattenlos, dann auch kniefrei.
Also Grund genug, um neidisch zu werden. Man sieht es schon vor dem geistigen Auge: Es wird wieder wie früher. Im Belpmoos fährt die schwarze Limousine vor, ein Chauffeur in Schale schleppt (schleppt!) schwere Koffer und man würde auch gerne fortgespickt.
Bis sich herausstellt, dass dieser Business-Jet zwar am weitesten und schnellsten fliegt, aber in Bern-Belp gar nicht starten kann. Nicht etwa, weil auf der Startbahn Nebel kleben würde oder Möwen rumhocken. Sondern weil die Startbahn 25 Meter zu kurz ist.
Das ist ja wieder mal typisch: 100 Millionen verlocht der Bundesrat, oder besser, wirft er zum Fenster raus, aber für die Sanierung der AHV hat es wieder kein Geld. So viel Luxus, die sollen arbeiten und nicht im Liegesessel über dem Nordatlantik pennen. Überhaupt soll dieser Bundesrat doch aufhören, in der Welt herumzujetten, für wen halten die sich eigentlich?
Früher war mehr Heimat
Ah, ja, für Bundesräte. Und für die AHV-Sanität braucht es ja ein paar Milliärdchen, von dem her. Und, stellt sich auf Nachfrage heraus: Dieser bombige Jet kann ja doch starten im Belpmoos, einfach statt mit 19 nur mit maximal acht Bundesräten. So fliegt er zwar nicht gerade nach Südostasien, aber immerhin nach Washington.
Dass die Bundesräte gefälligst zu Hause bleiben sollten, das hatten wir auch schon mal versucht. Im 19. Jahrhundert, mit ein paar wenigen Ausnahmen, als zum Beispiel 1867 Karl Schenk zu Gast bei Napoleon III. war. Aber das war eine Ausnahme, nicht dass das einreisst, und Hauptsache der Bundespräsident bleibt im Land.
Was ein bisschen ein Problem war, weil damals immer der Aussenminister als Bundespräsident amtierte. Das war aber auch ein grosser Vorteil, denn so hatte das Ausland immer einen guten Grund, uns schräg anzuschauen, wenn wir mal wieder nicht anreisten. Da musste man wenigstens nicht nach Ausreden für herablassende Blicke suchen und dann bei so seltsamem Gschmäus landen wie Nazi-Gold, Russland-Sanktionen oder DJ Bobo.
Jetzt gilt es aber ernst
Nein, im Ernst: Der Bundesrat kann wohl wenig dafür, dass es «seinen» Jet nur in einer Farbvariante gibt. Sonst hätte er selbstverständlich schon mit Rücksicht auf die Integrität des Finanzplatzes auf weitere Gold-Assoziationen verzichtet. Und dafür alles in Rot-Weiss bestellt, damit man in den USA dann auch möglichst aggressiv ankommt.
Nein, im Ernst: Keine Ahnung, ob so ein revolutionärer Jet-Sessel bequem ist, aber wenn die Frau Finanzministerin nachher den ganzen Tag dem Parlament Red und Antwort stehen muss, bin ich froh, wenn sie das ohne Jetlag tut.
Ausserdem, stellt sich heraus, selbst mit 19 Bundesräten und vollbetankt müsste die Bombardier Global 7500 nicht in Zürich, Basel oder Genf abheben. Das geht nämlich auch ab dem Militärflugplatz Payerne. Aber waren sie schon mal in Payerne? Da drüber kann man kein Lied von singen; da will man nicht fortgespickt werden, ja, nicht einmal Möwen kleben auf der Startbahn. Also doch eine Fehlinvestition?