Das Parlament lehnt eine systematische Verwahrung von Wiederholungstätern bei schweren Verbrechen ab.
SVP-Nationalrat Mauro Tuena hat kein Verständnis für den Verzicht auf automatische Verwahrung von Wiederholungstätern. - Nau.ch

Das Wichtigste in Kürze

  • Bei der Verwahrung von Wiederholungstätern soll es keinen Automatismus geben.
  • Bei der SVP hat mein kein Verständnis für diesen Entscheid des Nationalrats.
  • Automatismen nützten nichts, sagt dagegen GLP-Nationalrat Beat Flach.
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Das Parlament will keine systematische Verwahrung von Wiederholungstätern bei schweren Verbrechen. Der Nationalrat ist bei der Revision des Strafgesetzbuchs auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt. Noch umstritten ist die Höchststrafe für Mord im Jugendstrafrecht. Der Entscheid gegen den Verwahrungs-Automatismus fiel mit 120 zu 70 Stimmen.

SVP-Tuena: «Kein Verständnis»

In der Debatte hakte SVP-Nationalrat Mauro Tuena immer wieder nach, aber erfolglos. «Die Verwahrung kommt ja erst zum Zug, wenn jemand im Wiederholungsfall eine schwere Straftat – Mord, Vergewaltigung – gemacht hat." Der Nationalrat sage aber jetzt, das sei zu kompliziert und aufwändig und man habe den Platz nicht, so Tuena zu Nau.ch.

«Das heisst im Umkehrschluss, man will lieber, dass diese Leute weiterhin auf der Strasse rumlaufen. Da habe ich kein Verständnis!» Anders sieht dies GLP-Nationalrat Beat Flach. Man sei sich einig, dass gefährliche Straftäter nicht freikommen sollen. Daran ändere der heutige Entscheid nichts.

Nationalrat Beat Flach (GLP/AG) hält Automatismen im Strafrecht für wenig nützlich. - Nau.ch

«Verwahrung bei Mehrfach-Straftätern ist heute schon möglich«, betont Flach; ein Automatismus hingegen mache keinen Sinn. «In unserem sehr erfolgreichen Jugendstrafrecht schon gar nicht.» Denn Automatismen nützten nichts und seien nicht abschreckend.

GLP-Flach: «Jugendstrafrecht wird international kopiert»

So aber habe man einen entscheidenden Vorteil in der Hand: «Dass gerade bei jugendlichen Straftätern die Möglichkeit bestehen muss, dass man sie therapieren kann.» Gerade im Bereich Jugendkriminalität sieht Beat Flach auch gar keinen Handlungsbedarf. Dieses sei sehr erfolgreich und werde international immer wieder kopiert.

Verwahrte Straftäter
Die Verwahrung von Wiederholungstätern sorgt für Diskussionen. (Symbolbild) - sda - KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA BELLA

«Andere Ländern klopfen bei uns an: Wieso funktioniert das bei euch so gut, warum habt ihr so wenige Rückfälle.» Dies im Gegensatz zu sehr strikten Gesetzen in anderen Ländern.

Argumente, die SVPler Mauro Tuena aber nicht gelten lässt. «Wir reden ja nicht von einer erstmaligen Tat, denn dann haben wir im geltenden Gesetz drin, dass Therapien gemacht werden. Sondern wir reden da von ganz schweren Delikten im Wiederholungsfall».

Diskussion über Anpassungen im Jugendstrafrecht

Der Ständerat hatte auf Antrag seiner Rechtskommission dagegen entschieden, dass es betreffend die Strafrahmen im Jugendstrafrecht im Rahmen der vorliegenden Vorlage keine Anpassung geben solle. Vielmehr solle die Frage zu einem späteren Zeitpunkt weiter vertieft werden. Auch Justizminister Beat Jans verwies im Namen des Bundesrats darauf, dass ohnehin mehrere Vorstösse zur Frage hängig seien, ob Jugendstrafen in der Schweiz heute zu milde seien.

Beat Jans Debatte
Bundesrat Beat Jans spricht zum Nationalrat in der Debatte vom Donnerstag, 6. Juni 2024. - keystone

Mit der letzten verbliebenen Differenz in der Vorlage beschäftigt sich nun noch einmal der Ständerat. Hinsichtlich der Verwahrung von erwachsenen Wiederholungstätern schloss sich der Nationalrat dem Beschluss des Ständerats an. Demnach sollen die Voraussetzungen für systematische Verwahrungen nicht erweitert werden auf Personen, die zum zweiten Mal einen Mord, eine vorsätzliche Tötung oder eine Vergewaltigung begangen haben.

Kernpunkt: Revision des Jugendstrafgesetzes

Der eigentliche Kernpunkt der Revision stand am Donnerstag nicht mehr zur Diskussion. Das Parlament hatte schon länger beschlossen, dass künftig auch Personen, die im Jugendalter einen Mord begangen haben, als Ultima Ratio verwahrt werden können sollen.

Es geht um Personen, die als Minderjährige nach dem 16. Geburtstag einen Mord begangen haben. Bei ihnen muss nach der jugendstrafrechtlichen Sanktion ernsthaft Gefahr bestehen, dass sie eine weitere solche Tat begehen. Das Jugendstrafgesetz sieht heute keine reine Sicherheitsmassnahme zum Schutz Dritter vor.

Zudem entschieden die Räte, dass Verwahrte im geschlossenen Vollzug in Zukunft nicht mehr unbegleitet in den Urlaub dürfen. Weiter soll künftig die bedingte Entlassung aus der Verwahrung nur noch alle drei Jahre von Amtes wegen überprüft werden, wenn sie zuvor von der zuständigen Behörde mindestens dreimal in Folge abgelehnt worden ist.

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