Parlament will Strommarkt strenger kontrollieren
Der Ständerat hat dem Gesetz für mehr Aufsicht und Transparenz auf den Energiegrossmärkten zugestimmt, um fairere Preise zu erzielen.
In der Schweiz gelten für den Strom- und Gasmarkt künftig strengere Regeln. Nach dem Nationalrat hat auch der Ständerat dem Bundesgesetz über die Aufsicht und Transparenz in den Energiegrosshandelsmärkten zugestimmt. Ziel der Vorlage sind fairere Energiepreise.
In der Gesamtabstimmung nahm die kleine Kammer am Donnerstag das Gesetz mit 39 zu 0 Stimmen bei zwei Enthaltungen an. Wegen einiger verbliebener Differenzen geht das Geschäft zurück an den Nationalrat.
Mit dem Gesetz werden Marktteilnehmer verpflichtet, der Eidgenössischen Elektrizitätskommission (ElCom) Angaben über ihre Transaktionen und Handelsaufträge zu übermitteln. Zudem werden mit dem Erlass Insiderhandel und Marktmanipulation verboten. Die Bestimmungen lehnen sich an jene des Finanzmarktrechts an.
Kapazitäten und Nutzung von Energieanlagen melden
Konkret müssen grosse Stromfirmen künftig beispielsweise die Kapazität, geplante Verfügbarkeiten und Nichtverfügbarkeiten sowie die Nutzung von Anlagen zur Erzeugung und Übertragung von Energie mitteilen.
Natürliche und juristische Personen mit Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz, die auf dem EU-Energiegrosshandelsmarkt Transaktionen abschliessen, sollen Informationen obligatorisch auch der Elcom übermitteln und sich bei ihr registrieren lassen. Es geht um Informationen, die sie bereits gestützt auf europäisches Recht veröffentlichen oder den europäischen Behörden liefern müssen.
Vorschlag zur Verbesserung der Markttransparenz
Hintergrund der Vorlage sind starke Preisausschläge auf den Energiemärkten insbesondere infolge des Ukraine-Kriegs, wie Kommissionssprecher Jakob Stark (SVP/TG) erklärte. Es gehe darum, den Behörden die nötige Informationsgrundlage zu verschaffen.
Beat Rieder (Mitte/VS) verwies auf den Rettungsschirm, der damals aufgespannt wurde – und auf die Gewinne, die grosse Stromkonzerne im vergangenen Jahr wieder machten. Er äusserte sich verärgert darüber, dass Kantone und Gemeinden ihre Pflichten nicht wahrgenommen hätten. Denn es gehe um Unternehmen in öffentlicher Hand. Nun müsse eine Aufsicht geschaffen werden, was administrativen Mehraufwand und Kosten bringe.
Dennoch befürwortete Rieder das Gesetz. Denn der Bund müsse die Möglichkeit haben, in Zukunft derartige Krisen vorauszusehen. Der Walliser Ständerat mahnte wie Martin Schmid (FDP/GR), es brauche eine schlanke Umsetzung des Gesetzes auf Verordnungsebene.
Ständerat weicht in wichtigen Punkten vom Nationalrat ab
Insgesamt war die Vorlage in der kleinen Kammer wenig umstritten. In einigen wichtigen Punkten wich der Ständerat allerdings vom Beschluss des Nationalrats ab.
Bei der Definition von Marktmanipulation bevorzugt der Ständerat die Variante des Bundesrats. Wie die Landesregierung will er zwar den Abschluss von Transaktionen und die Erteilung von Handelsaufträgen darunter fassen, nicht aber wie vom Nationalrat gewünscht deren Rückzug, deren Änderung oder andere missbräuchliche Verhaltensweisen. Zudem lehnt es die kleine Kammer ab, nur vorsätzliches oder grobfahrlässiges Handeln unter den Begriff fallen zu lassen.
Auch die Ständeratskommission wolle Irrtümer oder Flüchtigkeitsfehler nicht bestrafen, machte Stark klar. Die Version des Nationalrats werfe aber wie die Formulierung «andere missbräuchliche Verhaltensweisen» Fragen auf. Es gehe darum, eine Differenz zu schaffen, damit sich die zuständige Nationalratskommission nochmals mit der Sache befassen könne.
Ständerat unterstützt Befreiung von der Meldepflicht
Schliesslich ist der Ständerat dafür, dass der Bundesrat innerschweizerische Gaslieferungen, die für den Endverbrauch bestimmt sind und die Grosshandelspreise nicht beeinflussen können, von der Meldepflicht befreien kann. Dabei geht es unter anderem um städtische Gasversorger.
Die lokalen Energieversorgungsunternehmen importierten ihr Gas in der Regel nicht selbst, sondern hätten die Beschaffung an Regionalgesellschaften ausgelagert, begründete die vorberatende Kommission den entsprechenden Antrag. Es gelte, unnötigen administrativen Aufwand zu vermeiden. Energieminister Albert Rösti erklärte sich mit der Ausnahme einverstanden.
Die Diskussion über die Regulierung des Strommarkts dürfte auch weitergehen, wenn das neue Bundesgesetz unter Dach und Fach ist. Der Ständerat überwies dazu am Montag eine Motion von Eva Herzog (SP/BS) an den Bundesrat, die der Nationalrat in der Sommersession abgeändert hatte. Darin wird unter anderem gefordert, der Bund solle systemkritischen Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft Vorgaben zu Eigenmitteln und Liquidität machen. Die Landesregierung war mit dem Auftrag einverstanden. Eine entsprechende Vorlage ist bereits in Arbeit, wie Rösti sagte.